Die Sicht der Hausärztin

Vernetzte Zusammenarbeit – Die Sicht der Hausärztin

Miteinander reden ist der Schlüssel

Im Kanton Solothurn leisten die Hausärztinnen und Hausärzte Notfalldienste im Spital – in der sogenannten vorgelagerten Notfallstation.

In der Regel werden wir von den Solothurner Spitälern rasch informiert, wenn eine Patientin oder ein Patient von unserer Gemeinschaftspraxis ins Spital eintritt. Das ist deshalb wichtig, weil wir manchmal Medikamentenverordnungen nachliefern, über Unverträglichkeiten informieren oder den Bericht eines Spezialisten ausserhalb des Spitals organisieren können. Wir kennen unsere Klienten und ihre Krankheitsgeschichten ja meistens schon seit Jahren und sind sozusagen ihre Patientenmanager.

Ich glaube, man darf sagen, dass die Kommunikation zwischen uns Grundversorgerinnen, Spital, Spitex, Alters- und Pflegeheimen sowie Rehakliniken gut funktioniert. Klar gibt es immer wieder Einzelfälle, wo wir nichts über einen Spitaleintritt erfahren, lange auf den Austrittsbericht warten oder der Patient zur Nachkontrolle ins Spital muss, ohne dass wir informiert werden. Aber wir haben zum Beispiel einen runden Tisch zwischen Spital und Hausärzten, an dem beide Seiten ihre Anliegen einbringen können. So kann man sich verbessern.

Im Kanton Solothurn leisten die Hausärztinnen und Hausärzte Notfalldienste im Spital – in der sogenannten vorgelagerten Notfallstation. Dort behandeln wir die leichteren medizinischen Notfälle. Das schafft einen guten Draht zu den Mitarbeitenden des Spitals. Informationsaustausch funktioniert nun einmal am besten über direkte Kontakte.

In Zukunft können wir wohl nur zusammen versuchen, die Überlastung des Gesundheitswesens und den Mangel an Fachpersonal mit kooperativen Modellen zu lösen, denkbar wäre zum Beispiel eine gemeinsam betriebene Walk-in-Praxis. Das Netzwerk Spital, Grundversorgung, Spitex, Heime muss funktionieren – auch dazu braucht es eine effiziente und gute Kommunikation.


Über Dr. med. Cornelia Meier

Mein Wunsch für eine gute Übergabe: «Rasche Informationen und Kommunikation auf Augenhöhe sowie regelmässige Foren für einen Austausch und gegenseitiges Kennenlernen.»

Dr. med. Cornelia Meier ist Hausärztin, Co-Präsidentin der Gesellschaft Ärztinnen und Ärzte Kanton Solothurn (GAeSO) und Mitinhaberin der Gemeinschaftspraxis am Kreisel in Zuchwil. Sie engagiert sich stark für eine engere Zusammenarbeit zwischen Spital und Hausärztinnen und -ärzten.


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Vom Spital bis zur Spitex

Vernetzte Zusammenarbeit – Spitex

Wir nehmen jede Anmeldung an

Die beste Versorgung im Spital nützt wenig, wenn die notwendige  Nachsorge nach dem Spitalaustritt schlecht oder gar nicht organisiert wurde. Fünf Sichtweisen, wie eine gute Übergabe geplant sein soll.

«In den letzten 10 Jahren hat sich das Betätigungsfeld der spitalexternen Pflege enorm gewandelt und professionalisiert. Die Spitex Gäu mit ihren rund 100 Mitarbeitenden bietet heute das gesamte Versorgungsspektrum an – Grundversorgung Pflege, Palliative Care, Psychiatrie Spitex, Wundsprechstunde, 24-h-Notruf und einiges mehr. Und selbstverständlich pflegen wir auch abends bis 23 Uhr und haben einen Pikettdienst über Nacht. Leider haben wir an manchen Orten immer noch den Ruf, wir seien nur für Haushaltsarbeiten oder Stützstrümpfe zuständig.

Die Anforderungen an das Personal sind gestiegen. Durch den Trend ambulant vor stationär haben wir komplexere Fälle – sei es bei der Wundpflege, Schmerzmanagement oder in der psychiatrischen Betreuung. Auch das Durchschnittsalter unserer Klienten sinkt: Heute sind 35 % unserer Kundinnen und Kunden unter 65 Jahre. Oft sind unsere Klienten erstaunt, was wir alles leisten können. Und manchmal sogar die Ärztinnen und Ärzte.

Wichtig für uns sind frühzeitige Anmeldungen. Wir erleben es leider immer wieder, dass wir etwa am Freitagnachmittag eine Anmeldung für eine Pflegesituation am nächsten Tag erhalten. Bei komplexen Fällen wäre es für uns zudem sehr wichtig, an ein Round-Table-Gespräch ins Spital eingeladen zu werden, damit wir eine Betreuungs- und Pflegeplanung vornehmen können, zusammen mit den Patienten und Angehörigen.

Als öffentliche Spitex haben wir einen Leistungsauftrag. Das heisst, wir nehmen jeden Fall an. Die Spitex füllt auch kleine Versorgungslücken. Seit kurzer Zeit haben wir auch einen Spitex-Treff bei uns im Stützpunkt in Oensingen, welcher gut besucht wird. Es kommen oft alleinstehende Personen, trinken einen Kaffee, halten einen Schwatz oder jassen. Manche blühen dabei regelrecht auf.»


Aufgaben der Spitex
Spitex ist die Abkürzung für spitalexterne Hilfe und Pflege. Sie ermöglicht Menschen das Leben zu Hause, die Hilfe, Pflege und Betreuung benötigen. Das Spektrum reicht von komplexer Behandlungspflege wie etwa Wundversorgungen, Injektionen, Medikamenteneinnahme über die Grundpflege, psychiatrische Pflege, die Pflege von schwer kranken oder sterbenden Menschen bis hin zu hauswirtschaftlichen Leistungen. Im Kanton Solothurn decken 22 öffentliche Spitex-Organisationen die Versorgung im gesamten Kantonsgebiet ab. Mehr Informationen: www.spitexso.ch



Über Doris Neukomm

Mein Wunsch für eine gute Übergabe: «Frühzeitige Meldung und Einbezug in die Nachsorgeplanung, wenn es um komplexe Betreuungssituationen geht.»

Doris Neukomm ist Geschäftsleiterin der Spitex Gäu. Die Spitex Gäu leistet die spitalexterne Grundversorgung in den Gemeinden Oensingen, Niederbuchsiten, Oberbuchsiten, Egerkingen, Neuendorf und Härkingen.


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Eines ist für den Notfallmediziner des Spitals Dornach, Dr. med. Tobias Hoffmann, klar: «Der oberste Auftrag einer Notfallstation ist es, lebensbedrohliche Erkrankungen zu erkennen und zu behandeln.» Der Alltag sieht oft anders aus. Notfallstationen werden immer mehr von Patientinnen und Patienten aufgesucht, die ambulant behandelt werden können. Einer der Hauptgründe ist der Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten. Tobias Hoffmann spricht aber bewusst nicht von Bagatellfällen. Er nennt sie die «leichten medizinischen Fälle» und ergänzt: «Jede Patientin, jeder Patient muss dieselbe Qualität der medizinischen Betreuung erhalten.»

Alle Aspekte berücksichtigen
Weniger als ein Viertel der Patientinnen und Patienten, die eine Notfallstation aufsuchen, wird stationär aufgenommen. Ausschlaggebend für eine stationäre Aufnahme sind grundsätzlich immer medizinische Kriterien. Zunehmend kommen auch soziale Kriterien hinzu. Zum Beispiel dann, wenn bei einem betagten Patienten die sichere Versorgung zu Hause nicht gewährleistet ist, weil etwa keine Angehörigen da sind. «Hier müssen wir alle Aspekte rund um die Patientensicherheit berücksichtigen» so der Notfallmediziner.

Wann ist der Notfall nötig?
«Die Erwartung, ein Problem zu jeder gewünschten Tages- und Nachtzeit sofort gelöst zu bekommen, spüren wir auf den Notfallstationen deutlich.» Deshalb sei es wichtig, dass Patientinnen und Patienten triagiert werden. Das heisst, gleich nach dem Eintritt wird in einer ersten Untersuchung festgestellt, ob ein lebensbedrohliches medizinisches Problem vorliegt oder ob mit der Behandlung und Abklärung, gerade bei hohem Patientenaufkommen, auch etwas zugewartet werden kann.  «Wichtig ist, dass wir in jedem Fall aufzeigen können, wie es weitergeht und die Ängste und Sorgen ernst nehmen», so der Notfallmediziner. Im Falle von wenig bedrohlichen Symptomen ist das unter Umständen die Planung und Organisation einer spezialisierten Sprechstunde im Spital Dornach, im Falle einer Lungenembolie die sofortige Behandlung im Spital.


Gewusst?

Ambulante Notfallstationen
Am Kantonsspital Olten und Bürgerspital Solothurn gibt es die sogenannten ambulanten Notfallstationen, die gemeinsam mit den Hausärztinnen und Hausärzten der Region betrieben werden. Hier werden leichte medizinischen Fälle behandelt, die keine stationäre Aufnahme benötigen und somit auch die interdisziplinäre Notfallstation nicht beanspruchen.

Triage und Wartezeiten
Die Notfallstationen in Dornach, Olten und Solothurn arbeiten mit dem anerkannten Triage-System ESI. Nach der Anmeldung beurteilt eine erfahrene Pflegefachperson die Dringlichkeit nach einem fünfstufigen System zwischen den Kategorien 1 bis 5. Bei der Einstufung 1 sind lebensrettende Sofortmassnahmen angezeigt, bei einer Einstufung der Kategorie 5 kann der Patient ambulant behandelt werden. Wer also mit einem leichten medizinischen Leiden den Notfall aufsucht, muss unter Umständen etwas länger warten, da zuerst immer die dringenden Fälle behandelt werden. Mehr dazu in unserem Blog. 

Medizinische Beratung am Telefon
Zahlreiche Krankenkassen bieten mittlerweile eine medizinische Telefonhotline für Notfälle oder andere medizinische Fragen an. Dort werden Sie von medizinischem Fachpersonal beraten. Wenn Sie nicht sicher sind, ob das Aufsuchen einer Notfallstation angezeigt ist, lohnt es sich, vorher eine telefonische Beratung zu konsultieren.


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Spitalaustritt bringt Änderungen mit

Es ist ein sehr verständlicher Wunsch, dass Patientinnen und Patienten nach einem Spitalaufenthalt am liebsten wieder nach Hause möchten. Leider ist das nicht immer der Fall.

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Patientenporträt Claudia Ruther

Patientinnen der Solothurner Spitäler

«Irgendwie überraschte mich
die Diagnose nicht»

Claudia Ruther, 52, hatte Glück im Unglück, da ihr Brustkrebs keine Metastasen bildete. Heute ist sie krebsfrei und denkt sogar gerne an die Zeit im Onkologiezentrum zurück.

Es ging alles sehr schnell. Arztbesuch am Freitag, Mammografie mit Biopsie am Montag, gleichentags die Diagnose: Brustkrebs. Zwei Tage später begann bereits die Chemotherapie. Das war im Juli 2020. Der Lockdown war noch nicht lange her. Auslöser waren Schmerzen in der Brust und eine Rötung. «Irgendwie überraschte mich die Diagnose nicht», erinnert sich Claudia Ruther.

Es folgten 20 Chemotherapien im Onkologiezentrum des Bürgerspitals Solothurn. Das Ziel: Den Tumor eingrenzen und verkleinern, bevor er operativ entfernt wird. «Es hört sich seltsam an, aber ich ging sehr gerne dorthin.» Der Weg von Grenchen nach Solothurn einmal die Woche war für sie ein Lichtblick. Während der Pandemie endlich wieder unter Menschen sein. «Im Onkologiezentrum traf ich in familiärer Atmosphäre auf Gleichgesinnte.»

Nach der Chemotherapie folgte im Januar 2021 die Operation mit anschliessender Strahlentherapie. Der Brustkrebs hatte glücklicherweise keine Ableger gebildet, eine Brust musste jedoch entfernt werden. «Mir war von Beginn weg klar, dass ich einen Wiederaufbau der Brust machen wollte», sagt Claudia Ruther. «Heute kann ich ohne Einschränkungen wieder einen Bikini anziehen, der Weg dorthin war aber lang und nicht einfach.»

Claudia Ruther möchte mit ihrer Geschichte anderen Frauen Mut machen. «Es ist ein langer Weg», meint sie, «und man sieht kein Ende». Deshalb sei es wichtig, immer nur von A nach B zu gehen und sich nicht schon das Endziel vorzustellen. «Es ist erstaunlich, wie man plötzlich an kleinen Dingen Freude bekommt.» Die Unterstützung ihres Mannes, das Rausgehen mit den Hunden und manchmal sogar makabre Witze – «all das hat geholfen».

Und was würde sie anderen Frauen sonst noch raten? «Lasst euch Zeit mit der Perücke», meint sie schmunzelnd und zeigt ein Foto, als sie die Perücke, die sie selbst kaum je trug, ihrem Schäferhund auf den Kopf gelegt hatte.


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Neue Medizinstrategie soH

Die Solothurner Spitäler haben eine neue Medizinstrategie. Eines der Ziele ist, das Gesundheitsnetzwerk der Solothurner Spitäler auszubauen. Was heisst das genau?


7 Fragen an Dr. med. Mussa Hamad

7 Fragen an den Psychiater

«Ein stationärer Aufenthalt
wirkt wie ein Gips»

In der Psychiatrie gibt es beim Austritt oft Unsicherheiten. Wie schaffe ich es, im Alltag wieder Fuss zu fassen? Was tun, bei einer erneuten Krise? Wichtig sei darum, schon beim Eintritt das Austrittsziel festzulegen, so Dr. med. Mussa Hamad.

Mussa Hamad, wie wird in der Psychiatrie der Zeitpunkt bestimmt, wann eine Patientin, ein Patient wieder nach Hause darf?
Das hängt von den Umständen ab, weshalb und wie jemand zu uns gekommen ist. Zu Beginn des Aufenthaltes definieren wir immer mit der Patientin oder dem Patienten zusammen das Ziel. Ausgehend von diesem Ziel erstellen wir einen individuellen Behandlungsplan, der den Weg aufzeigt, was erreicht werden muss, damit jemand für den Austritt nach Hause bereit ist.

Können Sie Beispiele schildern?
Auf der Gerontostation, wo wir betagte Menschen mit psychischen Krankheitsbildern behandeln, ist es wichtig, dass wir zusammen mit den Patientinnen und Patienten sogenannte Psychoedukation betreiben. Wir schulen die Betroffenen zusammen mit ihren Angehörigen darin, wie sie mit der Krankheit umgehen können. Dabei steht auch eine gute Zusammenarbeit mit den Alters- und Pflegeheimen im Mittelpunkt der Behandlung, um sicherzustellen, dass die Patientin oder der Patient in das richtige Setting entlassen wird.

Auf der Abhängigkeitsstation zum Beispiel werden Patientinnen und Patienten mit dem Ziel der Entzugsbehandlung behandelt. Das heisst, wir begleiten sie dabei, auf ihr Suchtmittel wie Alkohol und/oder Medikamente oder andere Substanzen zu verzichten. Manche werden daher nach dem Austritt bei uns zur anschliessenden Entwöhnungstherapie angemeldet, wenn es darum geht, den Suchtursachen auf den Grund zu gehen und langfristig abstinent zu bleiben. Und einige möchten eine weitere Behandlung für andere Begleiterkrankungen. Oder auf der Kriseninterventionsstation, als drittes Beispiel, wird für den Austritt jeweils ein Krisenplan erstellt. So erhält die Patientin oder der Patient die notwendigen Kompetenzen, um nach dem Austritt seine nächste Krise bewältigen oder ihr begegnen zu können. Der Zeitpunkt des Austritts ist also immer sehr individuell – aber nie unvorbereitet.

Wie erleben Patientinnen und Patienten die Rückkehr nach Hause. Freuen sie sich jeweils oder sehen sie dem Austritt eher mit Sorge entgegen?
Das ist sehr unterschiedlich. Ich würde sagen, dass sich die Mehrheit der Patientinnen und Patienten Sorgen macht, sobald es um den Austritt geht. Deshalb ist eine gute Austrittsplanung der Schlüssel zu einer effektiven Behandlung. Hier in der Klinik sind sie umgeben von einem unterstützenden interdisziplinären Team bestehend aus Ärztinnen, Psychologen, Pflegepersonal, Sozialarbeiterinnen und Spezialtherapeuten. Der stationäre Aufenthalt wirkt für die Patienten also wie ein Gips. Die grösste Herausforderung besteht darin, dem Patienten genügend Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit er in der Lage ist, Stresssituationen zu Hause ohne diesen Gips zu bewältigen.

Gibt es auch den begleiteten Austritt?
Wir führen auf einigen Stationen kurz vor dem Austritt sogenannte Probetage durch, bei denen die Patienten für einen Tag nach Hause gehen oder über Nacht beurlaubt werden. Wir sprechen anschliessend mit ihnen darüber, was gut gegangen ist und ob es noch weitere Bedürfnisse gibt, die vor dem Austritt erfüllt werden sollten. Dadurch können sie sich Schritt für Schritt auf die Zeit zu Hause vorbereiten.

Was muss bei einem Austritt alles organisiert werden?
Gegen Ende des Aufenthaltes nimmt der Fallführer Kontakt mit der Hausärztin oder dem Hausarzt des Patienten auf, um über den stationären Verlauf, medikamentöse Veränderungen und somatische Auffälligkeiten zu informieren. Das Pflegepersonal orientiert je nachdem die Spitex, die Betreuungsinstitution für beeinträchtigte Menschen oder das Alters- und Pflegeheim. Auch die Sozialarbeitenden der Psychiatrischen Dienste nehmen nach Rücksprache mit den Betroffenen Kontakt mit den Angehörigen oder den Pflegeinstitutionen auf. Wir behandeln in der Regel Menschen mit komplexen psychiatrischen und körperlichen Erkrankungen, daher spielt eine effektive Kommunikation mit allen Beteiligten eine zentrale Rolle. Als Fallführer fügt der psychiatrische Assistenzarzt alle Teile des Puzzles zusammen. Diese Art der Austrittsplanung gewährleistet eine sanfte Landung des Patienten nach dem Aufenthalt bei uns.

Wie wichtig ist das Angebot der Psychiatrie-Spitex?
Die Psychiatrie-Spitex wird häufig in der Nachsorge eingesetzt. Sie ist besonders hilfreich bei der Unterstützung und Begleitung zur Bewältigung von Krisen und schwierigen Lebensphasen und gibt dem Behandlungsteam im Falle einer späteren Einweisung einen objektiven Einblick, wie der Patient in seinem häuslichen Umfeld funktioniert.

Was können Patientinnen und Patienten tun, wenn sie zu Hause plötzlich in eine Krise geraten?
In der Regel empfehlen wir, sich zunächst an ihre ambulante Psychiaterin, den Psychologen oder die Hausärztin zu wenden, welche die Krankengeschichte der Klientin oder des Klienten gut kennen und die Notwendigkeit einer Überweisung in eine Klinik beurteilen können. Sollten diese nicht erreichbar sein, empfiehlt es sich, direkt in der Klinik anzurufen, wo das Triage-Team die Notwendigkeit einer telefonischen Beratung oder einer stationären Aufnahme beurteilt.

Bei Notfällen mit akuter Selbstgefährdung wie zum Beispiel Suizidabsichten wird der Patient aufgefordert, die Klinik direkt anzurufen. Ist die Patientin oder der Patient bei einer akuten Selbst- oder Fremdgefährdung nicht bereit, freiwillig in die Klinik zu kommen, wird den Angehörigen empfohlen, die Polizei oder den Rettungsdienst zu rufen. Diese wiederum können einen Notfallpsychiater hinzuziehen, damit dieser beurteilt, ob eine Fürsorgerische Unterbringung angebracht ist. Das Ziel einer fürsorgerischen Unterbringung ist immer die rasche Wiedererlangung der Selbständigkeit und der eigenen Verantwortung.


Über Dr. med. Mussa Hamad

Dr. med. Mussa Hamad ist Psychiater an den Psychiatrischen Diensten der Solothurner Spitäler, Kliniken für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Er wuchs in Israel auf, studierte Medizin in Ungarn, absolvierte Ausbildungsjahre in New York, Wien und Israel und arbeitet als Assistenzarzt in Solothurn.


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