FRAUEN IN NOTLAGEN

Wenn die Geburt wenig Freude bereitet

Nicht alle Frauen freuen sich auf ihr Kind. Es gibt immer wieder werdende Mütter in Notlagen, die ihr Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben möchten. Solche Frauen erhalten Hilfe. Jederzeit und unkompliziert.

Es kann viele Gründe geben, weshalb eine Frau bei der Schwangerschaft oder bei der Geburt in eine Notlage gerät. Es kann sein, dass sie sehr jung ist, es kann sein, dass sie in einem Umfeld mit häuslicher Gewalt lebt, dass sie eine psychische Erkrankung hat oder sich aus gesellschaftlichen, kulturellen oder sozialen Gründen ausserstande sieht, ihr Kind grosszuziehen.

In der Schweiz wird viel unternommen, damit Mütter in Not auf ein Betreuungsangebot zählen dürfen. So sind gemäss Bundesgesetz etwa alle Kantone verpflichtet, «dass Schwangeren und ihren Angehörigen ein kostenloses, professionelles, vertrauliches und ergebnisoffenes Angebot zur psychosozialen Beratung offensteht». Viele Kantone gehen aber noch weiter und bieten in ihren Spitälern die Möglichkeit der vertraulichen Geburt an (siehe Kasten) oder haben Babyfenster eingerichtet. Frauen in Not soll die Möglichkeit offenstehen, ihr Kind im Spital vertraulich zur Welt zu bringen und es danach zur Adoption freigeben zu können – ohne dass das Umfeld der Mutter davon erfährt. Bei der Abgabe eines Babys im Babyfenster hingegen erfolgt eine Geburt ohne medizinische Betreuung zu Hause.

Wenige vertrauliche Geburten

Dr. med. Kathrin Bütikofer ist Leitende Ärztin der Geburtenabteilung am Kantonsspital Olten und ist immer wieder mit schwierigen Situationen konfrontiert. «Für uns ist es sehr wünschenswert, dass wir die Frauen vor und nach der Geburt medizinisch und vielleicht auch psychisch oder sozial betreuen können. Deshalb ist die vertrauliche Geburt ein sehr wichtiges Angebot.» Leider ein Angebot, das von Müttern in Not nach wie vor wenig genutzt wird. Im Kantonsspital Olten gab es seither noch keine vertrauliche Geburt, im Bürgerspital Solothurn nur gerade eine. Ins Babyfenster hingegen wurden seit dem Start im Jahr 2014 bislang sechs Babys abgegeben. «In solchen Fällen hat die Frau aber eine Geburt ohne medizinische Betreuung und damit ein Risiko für sich und das Baby auf sich genommen. Deshalb fördern wir das Angebot der vertraulichen Geburt stärker als das Babyfenster», so Kathrin Bütikofer.

Wenn niemand etwas erfahren darf

Bei einer vertraulichen Geburt wird die schwangere Frau unter einem Pseudonym medizinisch betreut. Das Spital ist verpflichtet, die Personalien geheim zu halten und auch mit der Krankenkasse eine Lösung zu finden, damit keine Korrespondenz zu ihr nach Hause gelangt. Nach der Geburt informiert das Spital die Zivilstandsbehörde und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Auch die Behörden sind zur Geheimhaltung verpflichtet und setzen einen Adoptionsprozess in Gang. Die leibliche Mutter hat danach zwölf Wochen Zeit, den Entscheid rückgängig zu machen. Das Kind selbst hat nach seinem 18. Geburtstag das Recht, zu erfahren, wer seine leiblichen Eltern sind (Recht auf Kenntnis der Abstammung). Die anonyme Geburt hingegen ist in der Schweiz nicht erlaubt. Wenn die Frau ihr Kind aber anonym im Babyfenster abgibt, hat das dennoch keine straf­rechtlichen Folgen für sie.

Hilfe anbieten

«Kommt eine Frau in einer Notlage zu uns, ist es unsere allererste Aufgabe, die Frau in der aktuellen Situation zu betreuen und alles dafür zu tun, dass das Kind auf eine möglichst gute Art zur Welt kommen kann», sagt Christine Kaufmann, leitende Hebamme am Kantonsspital Olten. Danach wird Müttern in Notlage aufgezeigt, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt – vom Sozialdienst über eine psychologische Betreuung oder die Möglichkeit einer Krisenintervention. Was die Frau am Ende in Anspruch nimmt, darauf haben die medizinischen Betreuungspersonen des Spitals aber keinen Einfluss. «Es kam schon mehrmals vor, dass wir Frauen betreuten, die unter häuslicher Gewalt leiden und manchmal auch Verletzungen aufwiesen. Wir versorgen sie jeweils medizinisch, zeigen Ihnen auf, welche Möglichkeiten sie haben und unterstützen sie in der Umsetzung ihrer Bedürfnisse. Leider ist es aber oft so, dass die Frauen wieder zu ihrem Partner nach Hause zurückkehren», so Christine Kaufmann.

Das sind Schicksale, die auch an Profis wie Christine Kaufmann oder Kathrin Bütikofer nicht einfach so vorbeigehen. «Reden hilft», so Christine Kaufmann. «Sehr wichtig ist uns aber, dass die Frauen wissen, sich jederzeit melden zu dürfen.»

Notrufnummern Hebammen Tag und Nacht

Kantonsspital Olten, T 062 311 44 14
Bürgerspital Solothurn, T 032 627 44 88

Umfassende Beratungsangebote für Familien mit Säug­lingen und Kleinkindern

www.muetterberatung-so.ch

Hilfe für Mütter und Väter in finanzieller Notlage

www.mütterhilfe-solothurn.ch


Weitere Beiträge

Spass und Bewegung für Kinder in «ä Halle wo’s fägt»

Die «ä Halle wo's fägt» ist ein Indoorspielplatz für Kinder zwischen bis 6 Jahre. Jede Halle wird mit einem erprobten und von Sportlehrern konzipierten Parcours eingerichtet.

Minimalinvasive Hochpräzisionschirurgie

Mit dem Titel wäre eigentlich alles gesagt. Tönt vielleicht etwas kompliziert? Dabei ist alles viel einfacher. Also für den Patienten, weil der Eingriff schonender ist. Und auch für den Chirurgen, weil er äusserst präzis arbeiten kann.