Spitalpharmazie

Warten auf das richtige Medikament

Versorgungsengpässe bei wichtigen Medizinprodukten und Medikamenten stellen Spitäler vor Herausforderungen. Globale Lieferkettenprobleme, höhere regulatorische Anforderungen und geopolitische Entwicklungen führen dazu, dass Ersatzprodukte gesucht und Prozesse neu organisiert werden müssen. So geht die Solothurner Spitäler AG mit der Situation um.

Dorothea Landsiedel ist Chefapothekerin am Institut für Spitalpharmazie. Mit uns spricht Sie über die wichtige Rolle der Spitalpharmazie und wie Prozesse neu organisiert werden müssen.

„Im Institut für Spitalpharmazie sind wir täglich mit den Herausforderungen durch Lieferengpässe bei Analgetika, Impfstoffen und Antibiotika konfrontiert. Diese Engpässe betreffen mittlerweile viele verschiedene Arzneistoffgruppen, einschliesslich Krebstherapien und Gegenmitteln bei Vergiftungen. Ein Hauptproblem liegt in der Konzentration der weltweiten Arzneimittelproduktion auf wenige Standorte oder gar einen einzigen Standort, oft in Indien oder China. Ereignisse wie ein Brand in einer dieser Fabriken haben sofort globale Auswirkungen auf die Lieferkette. Aus wirtschaftlichen Gründen haben viele Unternehmen in den vergangenen Jahren ausserdem ihre Lagerkapazitäten reduziert. Deshalb gibt es weltweit weniger Reserven, auf die bei einem Produktionsausfall zurückgegriffen werden kann.

Einblicke in die Herausforderungen und Lösungen der Spitalpharmazie

Lieferengpässe können heute bis zu einem Jahr und länger dauern. Um sie zu bewältigen, betreiben wir einen hohen Aufwand. Frühzeitige Bedarfsplanung und Verhandlungen mit Pharmafirmen sind essenziell. Dabei sprechen wir nicht nur über Preis und Menge, sondern auch über die Lieferzuverlässigkeit. Als Mitglied einer Einkaufsgenossenschaft für Arzneimittel von 13 Spitälern finanzieren wir ein gemeinsames Sicherheitslager, besonders für kritische Arzneimittel wie Antibiotika.

Im Jahr 2023 gab es 352 neue Lieferengpässe, was einem Anstieg von 33 Prozent entspricht. Zusätzlich verschwinden wichtige Arzneimittel vom Schweizer Markt, da dieser oft zu klein und somit wenig lukrativ ist. Die Bewältigung der Lieferengpässe erfordert zusätzlichen Zeitaufwand; wir investieren in der Spitalpharmazie etwa 20 Stunden pro Woche, um Engpässe zu managen, Ersatz-Arzneimittel aus dem Ausland zu importieren und das Personal über die Ersatzprodukte zu informieren. Die aufwändigste Ersatzbeschaffung betraf das Arzneimittel OncoTICE®, das in der Urologie zur Vorbeugung eines erneuten Auftretens von Blasenkarzinomen nach einer Blasenoperation eingesetzt wird. Durch den Import einer Jahresmenge eines indischen Produkts, das eine spezielle Genehmigung des BAG erforderte, konnten wir die Patienten der soH im Gegensatz zu anderen Spitälern lückenlos versorgen.

Die Notwendigkeit für Änderungen der aktuellen Versorgungslage mit Arzneimitteln ist sowohl auf staatlicher Seite als auch bei den Pharmafirmen erkannt, und erste Anpassungen – wie grössere Lagerkapazitäten, mehr Produktionsstandorte und zum Teil die Rückverlagerung der Produktion nach Europa – sind eingeleitet worden. Doch es wird noch Jahre dauern, bis die Versorgungssicherheit wiederhergestellt ist.“


Weitere Beiträge

Junge versteckt sich hinter einen Türe.

Kinder- und Jugendpsychiatrie

Es spricht vieles dafür, manche Kinder oder Jugendliche zu Hause und nicht in einem Besprechungszimmer oder in der Tagesklinik zu behandeln. Auf Hausbesuch im Wasseramt.

Vom Spital bis zur Spitex

Die beste Versorgung im Spital nützt wenig, wenn die notwendige  Nachsorge nach dem Spitalaustritt schlecht oder gar nicht organisiert wurde. Fünf Sichtweisen, wie eine gute Übergabe geplant sein soll.

Dr. Hamad schaut vom Balkon herab.

7 Fragen an Dr. med. Mussa Hamad

In der Psychiatrie gibt es beim Austritt oft Unsicherheiten. Wie schaffe ich es, im Alltag wieder Fuss zu fassen? Was tun, bei einer erneuten Krise? Wichtig sei darum, schon beim Eintritt das Austrittsziel festzulegen, so Dr. med. Mussa Hamad.