KARDIOVASKULÄRE MEDIZIN

Ein gesunder Lebensstil kann erlernt werden

Ambulant vor stationär hat sich in der Herz-Rehabilitation bewährt. Jetzt wird ein kardiovaskuläres Trainingsprogramm aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf andere Patientengruppen erweitert.

In den Solothurner Spitälern gibt es seit mehr als 20 Jahren die ambulante kardiale Rehabilitation für Patienten nach Herzinfarkt und Herzoperation. Dieses Programm verbessert nachweislich die Lebensqualität, körperliche Fitness und die Lebenserwartung der Patienten. Es hat sich in Koopera­tion mit Herzpraxen und Hausärzten bewährt und wird in einem neuen Fachbereich fortgeführt.

Zukünftig wird es ein zusätzliches Programm für chronisch Herzkranke und Menschen mit anderen Erkrankungen geben, die auf ein Körper- und Kreislauftraining ebenfalls positiv ansprechen. So können Erkrankungen wie etwa Diabetes, Übergewicht, Osteoporose, Depressionen oder auch Tumorerkrankungen im Verlauf gemildert oder sogar überwunden werden. Herzkreislauf­erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall werden weiter im neuen Konzept behandelt und sollen bei Menschen mit erhöhtem Risiko verhindert werden.  Dafür wird nach den Sommerferien ein neuer Fachbereich «Kardiovaskuläre Medizin-Sportkardiologie» am Bürgerspital Solothurn eingerichtet, der ein kardiovaskuläres Trainingsprogramm (Kreislauftraining) anbietet, das neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem Gebiet der Prävention und Rehabilitation umsetzt.

Kurz erklärt

Kardiovaskulär ist ein zusammengesetztes Wort aus dem Griechischen und Lateinischen. Kardio ist das griechische Wort für Herz und vas das lateinische Wort für Gefäss. Es bedeutet also das Herz und Gefässsystem betreffend. Das kardiovaskuläre System wird auch Herz-Kreislauf-System genannt. Ausdauertätigkeiten, die das Herz und den Kreislauf über längere Zeit moderat belasten, werden deshalb als kardiovaskuläres Training bezeichnet.

Verhaltensänderung im Alltag

«Ein grosser Unterschied», so der Leiter des Programms, Dr. med. Tobias Schön, «besteht darin, dass wir in diesem Angebot einen starken Fokus auf die Verhaltensänderung im Alltag legen». Patienten sollen die gesündere Lebensweise wie mehr Bewegung, Rauchstopp oder gesünderes Essen auch in ihren Alltag mitnehmen und so ihren Lebensstil nachhaltig ändern.

«Gerade im Bereich Bewegung ist es sehr wichtig, die Übungen so zu strukturieren, dass die Teilnehmenden diese auch mit Begeisterung ausführen.» Deshalb werden die Bewegungsprogramme von ausgebildeten Sporttherapeuten geleitet, die individuell auf den Patienten eingehen. Der Päda­gogik und Didaktik, also wie die Sportprogramme angeleitet werden, wird grosse Aufmerksamkeit geschenkt. «Der 45-jährige Herzpatient etwa braucht ein ganz anderes Programm als die 75-jährige Schlaganfallpatientin», sagt Tobias Schön. Darüber hinaus kommen neueste Techniken der Sportkardiologie bei der Trainingsüberwachung und -steuerung zum Einsatz (u. a. Spiroergometrie, individualisiertes und kontrolliertes Ergometertraining, Bewegungsanalyse). Begleitet werden die Programme von Vorträgen, Schulungen und Beratungen.

Vernetzte Zusammenarbeit

Wie überall in der Medizin ist auch in diesem kardiovaskulären Trainingsprogramm die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen medizinischen Fachrichtungen sehr wichtig. «Ohne dass Patienten dies realisieren würden, laufen im Hintergrund alle Fäden zusammen», so der Invasive Kardiologe und Internist Tobias Schön. An sogenannten Medical Boards legen Spezialistinnen und Spezialisten der Herzmedizin, der Inneren Medizin, Stoffwechselexperten, Gefässchirurgen, Neurologen oder Lungenärzte gemeinsam den Behandlungsplan fest. Das Programm dauert drei Monate und beginnt mit umfassenden Leistungstests von Herz und Lunge. Anhand der Resultate kann anschliessend das Training geplant werden. Eine ausführliche Enduntersuchung schliesst das Programm ab. Hausärztinnen und Teilnehmer werden über ihre persönlichen Ergebnisse informiert. So kann der Trainings- und Therapieerfolg aufgenommen und langfristig weiterverfolgt werden – hier spielen die Hausärzte die zentrale Rolle. «Am Ende wünsche ich mir, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den erlernten gesünderen Lebensstil in ihrem weiteren Leben mit Freude praktizieren!», so Tobias Schön.


Prävention

Herz- und Kreislauferkrankungen sind in den Industrieländern die häufigste Todesursache. Im Zentrum steht dabei eine ungesunde Lebensweise, welche Herzkrankheiten oder Schlaganfälle begünstigen kann. Folgende Tipps helfen, gesund zu bleiben:

  • Bewegen Sie sich regelmässig! Regelmässige Bewegung sorgt nicht nur für ein gutes Lebensgefühl, sondern hilft, zahlreichen Erkrankungen vorzubeugen. Finden Sie eine Sport- oder Bewegungsart, die zu Ihnen passt und die Sie gerne machen. Nordic Walking z. B. ist, was die Gelenkbelastung betrifft, sogar gesünder als Jogging.
  • Verzichten Sie aufs Rauchen! Ein Rauchstopp stellt die wirksamste Strategie dar. Nehmen Sie dazu die Hilfe einer Rauchstoppberatung in Anspruch.
  • Achten Sie auf die Ernährung! Das Ziel ist, möglichst wenig gesättigte Fettsäuren zu sich zu nehmen wie sie etwa in Fertigprodukten oder Pommes Chips vorkommen. Gut sind viel Gemüse, Früchte, Fisch oder Vollkornprodukte.
  • Achten Sie auf Ihr Gewicht! Ein hoher Body-Mass-Index steigert das Risiko für Bluthochdruck oder die Zuckerkrankheit.
  • Lassen Sie regelmässig Ihren Blutdruck messen und suchen Sie einen Arzt auf, sollte der Blutdruck zu hoch sein.
  • Reduzieren Sie chronischen Stress und lachen Sie viel. Beides senkt das Risiko einer Herzkrankheit.
  • Wenn Sie unsicher sind oder lange inaktiv waren, kann auch eine Sportberatung oder ein Test der Herz- und Lungenleistung sinnvoll sein.


Die Teilnehmerinnen imitieren die Bewegungen der Leiterin

Mit Schweiss dem Krebs die Stirn bieten

Bereits seit Jahren schweisst eine Krebssportgruppe am Bürgerspital in Solothurn brustkrebsbetroffene Frauen zusammen. Mit regelmässigem Training vermindern sie ihr Rückfallrisiko und steigern ihre Lebensqualität.

Ein Mann im Anzug springt von einem Bank

Achtung, fertig, los!

Unser Körper will aktiv sein, nur ist er es immer weniger. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die mehrheitlich auf Bewegungsmangel zurückzuführen sind, sind in der Schweiz die häufigste Todesursache und der dritthäufigste Grund für einen Spitalaufenthalt. Zeit, dies zu ändern.

Der Psychiater spielt Ping-Pong.

Bewegung für die Seele

Sport hält gesund oder hilft, gesund zu werden. Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Studien zeigen, dass Bewegung bei manchen Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen sogar einen gleich guten Effekt erzeugt wie Medikamente.


Weitere Beiträge

Bild vor dem Spital Dornach beim Notfall

Direkt nach Hause

Immer mehr Patientinnen und Patienten gehen direkt in die Notfallstationen der Spitäler statt zur Hausärztin oder zum Hausarzt. Rund drei Viertel der Fälle können entsprechend ambulant behandelt werden.

Dr. Zimmerli steht vor einem Bild und erklärt etwas.

Spitalaustritt bringt Änderungen mit

Es ist ein sehr verständlicher Wunsch, dass Patientinnen und Patienten nach einem Spitalaufenthalt am liebsten wieder nach Hause möchten. Leider ist das nicht immer der Fall.

Die Hebamme mit nach Hause nehmen

Der Trend zu kürzeren Spitalaufenthalten gibt es auch bei Geburten. Immer mehr lassen sich schon ab der Schwangerschaft von denselben Hebammen betreuen.