PATIENTENPORTRAIT

„Trotz allem kann ich einen schönen Tag geniessen“

Raphael Zahn (41) erhielt vor dreieinhalb Jahren die Diagnose Darmkrebs und ist seither in Behandlung. Er möchte durch seine Geschichte dazu beitragen, die Öffentlichkeit dahingehend zu sensibilisieren, dass Darmkrebs bei jungen Menschen zunimmt.

Die Diagnose Darmkrebs

Ich erhielt sie ich im Dezember 2018, kurz vor Weihnachten. Ich hatte immer wieder Bauchschmerzen, schon über ein halbes Jahr lang, die Schmerzen kamen und gingen. Trotz mehrfachen Untersuchungen beim Hausarzt wurde nichts gefunden. Rückblickend hätte man schon eher einen Krebsverdacht haben sollen. Darmkrebs bei jungen Menschen nimmt zu – aber das ist noch wenig im Bewusstsein mancher Ärztinnen und Ärzte. Als ich die Diagnose erhielt, war ich bereits im Krebsstadium 4, der Darmkrebs hatte Metastasen gebildet. Nach der Diagnose ging alles sehr rasch: weitere Abklärungen, Chemotherapie und etwas später eine achtstündige Operation. Es wurden Tumore aus dem Magen, Zwerchfell, Dickdarm, der Leber, dem Bauchfell und Lymphknoten rausoperiert. Die Ärzte machten mir trotz der erfolgreichen Operation keine Hoffnung auf eine Heilung.

Nach der Diagnose ging alles sehr rasch: weitere Abklärungen, Chemotherapie und etwas später eine achtstündige Operation.

Mit meinem Hintergrund als Biophysiker wäre ich in der Lage, meine Krankheit bis in die Details zu verstehen. So genau will ich das aber gar nicht wissen. Ich weiss, es wird nie mehr ganz gut. Und trotz allem kann ich einen schönen Tag geniessen, mich an alltäglichen Dingen freuen, Zeit mit meinem eineinhalbjährigen Sohn verbringen. Ich geniesse sogar den Morgen vor einer Chemotherapie, weil es mir dann noch gut geht. Das gelingt übrigens nicht immer.

Vor der Erkrankung

…war ich Senior Scientist an der ETH Zürich, Institut für Elektrotechnik. Nun bin ich IV-Bezüger, arbeite trotzdem noch so gut ich kann. Das Arbeiten tut gut. Meine Arbeitskolleginnen und -kollegen kommen mittlerweile mit meinem Behandlungsplan klar. Wenn ich Chemotherapie habe, wissen sie, dass ich drei Tage nicht auf E-Mails antworten kann. Sport tut mir auch gut. Sehr sogar. Es braucht zwar immense Überwindung, gegen das Fatigue anzukämpfen und sich aufzuraffen. Spätestens nach einer Viertelstunde auf dem Fahrrad stellt sich das gute Gefühl aber ein und die Nebenwirkungen der Behandlung gehen zurück.

Das Leben geht einfach weiter.

Krebs ist keine gute Sache. Aber nicht alles daran ist schlecht. Hätte ich mir zum Beispiel so viel Zeit für meinen Sohn genommen, wenn ich noch voll im Arbeitsprozess drin wäre? Das Leben geht einfach weiter.

Ich bin jemand, der gerne lacht.

Seit dem Krebs noch viel mehr. Und ich bin mir bewusst, dass ich enorm privilegiert bin. Solange im Mittelmeer auch nur ein Kind auf der Flucht ertrinken muss, haben wir doch keinen Grund, uns zu beklagen.

Richtig schlimm sind Dinge, die man ändern könnte, aber es nicht tut.


Weitere Beiträge

Vom Spital bis zur Spitex

Die beste Versorgung im Spital nützt wenig, wenn die notwendige  Nachsorge nach dem Spitalaustritt schlecht oder gar nicht organisiert wurde. Fünf Sichtweisen, wie eine gute Übergabe geplant sein soll.

Vernetzte Zusammenarbeit Orthopädie

Mit den heutigen Operationstechniken sind Patientinnen und Patienten viel rascher mobil als noch vor zehn, zwanzig Jahren.

Dr. Zimmerli steht vor einem Bild und erklärt etwas.

Spitalaustritt bringt Änderungen mit

Es ist ein sehr verständlicher Wunsch, dass Patientinnen und Patienten nach einem Spitalaufenthalt am liebsten wieder nach Hause möchten. Leider ist das nicht immer der Fall.