Patientenporträt
Es hilft kein Trauerkloss zu sein
Lisa Walker war 29, als sie die Diagnose Brustkrebs erhielt. Aktuell wird sie im Bürgerspital in Solothurn behandelt. Dem Magazin THEMA erzählt sie vom Moment, als sie die Diagnose erhielt, und aus ihrem neuen Alltag.
«Den Knoten habe ich Anfang November bemerkt. Ich hatte eine schwere Magendarmgrippe und lag daheim auf dem Sofa. Alleine das war schon komisch, denn eigentlich bin ich nie krank. Plötzlich spürte ich eine Verhärtung in der Brust. Ich versuchte, mich zu beruhigen und sagte mir, dass der Körper nun mal verrücktspielt, wenn er krank ist. Eine Woche später war der Knoten aber noch immer da, und ich fing an, mir Sorgen zu machen. An einem Mittwoch, es war der 13. November, erzählte ich meinem Freund davon. Ich brach in Tränen aus, weil ich Angst davor hatte, dass es Krebs sein könnte. Ich hatte ein unglaublich schlechtes Gefühl. Auch mein Freund erschrak und bat mich, so schnell wie möglich einen Termin beim Arzt zu vereinbaren. Der Termin für den Ultraschall und die Biopsie wurde für den folgenden Montag angesetzt, am Donnerstag erhielt ich die Diagnose Brustkrebs. Der Befund warf mich nicht mehr aus der Bahn. Er bestätigte nur meine Befürchtung, auch wenn ich natürlich gehofft hatte, dass es kein Krebs ist. Ich hatte mich quasi bereits darauf eingestellt, auch wenn viele Bekannte, denen ich von der Untersuchung erzählt hatte, noch versucht hatten, mich zu beruhigen. Mein Freund, der mich begleitet hatte, stand dagegen unter Schock.
Ich wollte nur wissen, wie es jetzt weitergeht. Ich bekam sehr viele Termine. Unter anderem ein MRI, ein CT, einen Termin im Inselspital und einen bei meiner Onkologin. Knapp eine Woche später fing ich mit der Chemotherapie an. Es war erschreckend, wie schnell nun alles ging –gleichzeitig fühlte ich mich aber immer gut aufgehoben und konnte meinen behandelnden Ärztinnen alle meine Fragen stellen. Auch die Chemotherapie verlief anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Die Mitarbeiterinnen vor Ort waren und sind immer freundlich, sodass ich mich sogar wohlfühlte trotz der schwierigen Situation.
Meine Sorge galt nicht nur mir, sondern auch meinen Schülerinnen und Schülern.
Ich unterrichte eine 6. Primarklasse. Das ist eine ganz wichtige Phase für die Kinder, und es tat mir weh, sie alleinlassen zu müssen. Ganz zu schweigen von dem Aufwand, der so eine Übergabe bedeutet. Zum Glück sprangen meine Kolleginnen und Kollegen ein, obwohl sie selber noch ihre eigenen Klassen betreuen mussten, und später übernahm ein erfahrener Kollege für mich. So wusste ich die Kinder in den besten Händen.
In den ersten drei Monaten musste ich jede Woche zur Chemotherapie, mittlerweile habe ich noch einen Termin alle drei Wochen. Erst, nachdem die Therapie anfing, hatte ich Zeit, herunterzufahren und mich mit der Diagnose auseinanderzusetzen. Einen Zusammenbruch hatte ich aber nie, den hatte ich, glaube ich, ganz am Anfang, als ich den Knoten bemerkt hatte. Danach wollte ich nur noch, dass es vorwärtsgeht.
Am schwierigsten war es für mich, meinen Eltern von meiner Erkrankung zu erzählen.
Als Teenager macht man den Eltern ständig Sorgen, aber, wenn man erwachsen ist, dann macht man das nicht mehr so gern. Ich habe das Gespräch deshalb etwas vor mir hergeschoben und es ihnen erst gesagt, als ich wusste, wie es weitergeht. Im Nachhinein war das auch eine gute Idee, weil ich so ihre Fragen beantworten und sagen konnte, wie es weitergeht.
Ich glaube, es hilft mir und meinem Umfeld, dass ich kein Trauerkloss bin.
Ich war schon immer eine Kämpferin. Natürlich denke ich mir manchmal: Das ist jetzt schon blöd. Das hätte nicht sein müssen. Ich hatte Sportferien geplant, wollte mit meinem Freund im Sommer wegfahren. Jetzt machen wir das halt nächstes Jahr. Bezüglich Nebenwirkungen habe ich eigentlich Glück. Ich bekam einen Ausschlag am Arm, Kopf-und Magenschmerzen. Dagegen konnte ich aber Tabletten nehmen. Sehr zu schaffen macht mir die Erschöpfung. Ich versuche, aktiv zu bleiben, gehe spazieren und mache Pilates. Aber ich merke einfach, dass meine Muskeln schneller schmerzen als sonst. Zumal ich eigentlich sehr fit bin und früher sogar Trampolinspringen auf hohem Niveau betrieben habe. Auch meine Haare habe ich verloren. Aktuell sieht es so aus, als wäre die Therapie erfolgreich. Bereits beim ersten Kontrolltermin nach sechs Wochen war der Tumor geschrumpft, mittlerweile hat er sich mehr als halbiert. Ich hoffe, dass beim nächsten Kontrolltermin nichts mehr zu sehen ist. Danach folgen natürlich noch eine Operation und die Bestrahlung, um das Gewebe um den Tumor zu entfernen und zu untersuchen. Aber ein wichtiger Schritt wäre geschafft.»
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