Schlafmedizin

Klarer Kopf dank guter Erholung

Eine schlaflose Nacht ist kein Grund zu verzweifeln. Wer über lange Zeit schlecht schläft, tut aber gut daran, sich Hilfe zu holen. Zum Beispiel im Schlafmedizinischen Zentrum des Bürgerspitals Solothurn.

Schlechter Schlaf gibt schlechte Laune. Man schleppt sich durch den Alltag, ärgert sich schneller als gewohnt und kann sich gefühlt schlechter konzentrieren. Besonders mühsam ist es, wenn auf eine schlaflose Nacht noch eine zweite oder eine dritte folgt. Dabei wäre guter Schlaf für das Gehirn wichtig, weiss Dr. med. Robert Bühler, Neurologe und Co-Chefarzt am Schlafmedizinischen Zentrum. Zwar sei die Auswirkung von Schlaf auf das Gehirn nicht vollumfänglich erforscht, da das Forschungsfeld vergleichsweise jung sei. Einiges sei aber mittlerweile bekannt. «Im Schlaf schläft eigentlich nur unsere bewusste Wahrnehmung. Ohne, dass wir es realisieren, finden im Schlaf wichtige Stoffwechselprozesse im Gehirn statt», gibt Bühler ein Beispiel. « Die Gedächtnisbildung passiert ebenfalls im Schlaf, und Gedanken sowie Emotionen werden verarbeitet. » Grund genug also, dem Schlaf Platz einzuräumen. Aber was, wenn es einfach nicht klappen will?

Schlafanalyse im Labor

Guter Schlaf, so Bühler, sei subjektiv und nicht ganz einfach zu definieren. «Grundsätzlich gilt: Gut geschlafen hat man dann, wenn man sich am Morgen erholt fühlt», fasst er zusammen. Wenn Patientinnen und Patienten über mehrere Monate das Gefühl haben, schlecht zu schlafen – also etwa nicht einschlafen können, häufig aufwachen, stark schnarchen, viel reden oder in der Nacht ein Kribbeln in den Beinen spüren und deshalb tagsüber müde sind – kann ein Besuch im Schlaflabor angezeigt sein. Mit Sensoren werden im Schlaflabor die Gehirnfunktionen gemessen und die einzelnen Schlafphasen bestimmt. Die Atmung, der Herz-Kreislauf und der Blutdruck werden kontrolliert, um zu prüfen, ob es allenfalls körperliche Ursachen für die wenig erholsamen Nächte gibt. Zusätzlich füllen die Patientinnen und Patienten Fragebögen aus, um den Ursachen für die Schlaflosigkeit auf die Spur zu kommen. Ausserdem ist es laut Bühler wichtig, zwischen Schläfrigkeit und Erschöpfung zu unterscheiden. Neben den Sensoren im Labor gibt es deshalb noch weitere Tests: Um das Wachhaltesystem zu messen, müssen sich die Patientinnen und Patienten zum Beispiel für 40 Minuten ohne Ablenkung in einen Raum setzen, und versuchen, nicht einzuschlafen.

Ursachen finden statt Symptome bekämpfen

Auch wenn so sehr viel gemessen werden kann, ist die eigentliche Arbeit damit noch nicht getan, betont Bühler. «Ein Besuch im Schlaflabor löst keine Probleme. Häufig ist eine Therapie nötig, um sich wieder eine gesunde Schlafhygiene anzugewöhnen. Da helfen auch Schlafmittel aus der Apotheke wenig, weil es hier wiederum nur ums Optimieren geht, und nicht darum, das grundlegende Problem zu lösen.» Wie eine solche Therapie funktionieren könnte, weiss PD Dr. med. Thorsten Mikoteit, Leitender Arzt der Psychiatrischen Dienste und ebenfalls im Schlafmedizinischen Zentrum tätig. Wird eine Schlafstörung im Rahmen einer Psychotherapie behandelt, werden in einem ersten Schritt mögliche psychische Ursachen wie eine Depression oder eine Angststörung ausgeschlossen. In einer kognitiven Verhaltenstherapie lernen die Betroffenen dann Schritt für Schritt, ihre Gewohnheiten so zu verändern, dass erholsamer Schlaf wieder möglich ist. In einigen Ländern gibt es Apps, die per Rezept verschrieben werden und die Patientinnen und Patienten bei der Etablierung einer guten Schlafhygiene unterstützen. Das ist deshalb nützlich, weil es oft schwer ist, einen Platz in einer spezialisierten Praxis für Schlaftherapie zu finden. Die Wartelisten sind lang. In der Schweiz ist diese Art der Therapie aber noch nicht zugelassen. In vielen Fällen ist jedoch nicht nur mangelnde Schlafhygiene ein Problem. Der Grund für die schlaflosen Nächte liegt tiefer. «Häufig sind es Ängste und Sorgen, die uns den Schlaf rauben. Wir machen uns Gedanken um unsere Beziehung, die Arbeitsstelle, die Lebenssituation, unsere Leistung im Alltag. All das führt zu Stress, der sich negativ auf die Schlafqualität auswirkt», so Thorsten Mikoteit.

Dauerstress vermeiden

Wer gestresst ist, ist aktiviert. Dem Gehirn fällt es schwer, den Körper in diesem Alarmzustand schlafen zu lassen. Da kann auch die Schlafhygiene nicht zuverlässig helfen. «Wer an schlafraubendem Stress leidet, tut deshalb gut daran, sich mit den Ursachen für diesen Stress auseinanderzusetzen, und ihn nicht einfach zu akzeptieren», rät der Leitende Arzt. Da hilft es nicht unbedingt, dass wer wenig schläft, eher mit einer negativen Einstellung durch den Alltag geht. «Menschen, die längerfristig schlecht schlafen, fehlt die reinigende und wiederherstellende Kraft des Schlafes. Sie haben weniger Ressourcen, um den Tag auf sich zukommen zu lassen und auf unvorhergesehene Entwicklungen konstruktiv zu reagieren». Ein Zustand also, der eher zu Konflikten führen und im schlimmsten Fall noch mehr Stress auslösen kann.

Bewusst Entspannung suchen

Für erholsamen Schlaf ist vor allem eines wichtig: bewusste und regelmässige Entspannung im Alltag. Darin sind sich der Neurologe Robert Bühler und der Psychiater Thorsten Mikoteit einig. Sport eignet sich gut, weil er gleichzeitig den Körper müde macht und dem Kopf die Möglichkeit gibt abzuschalten. «Die häufigste Schlafstörung ist die Zivilisationskrankheit», sagt Robert Bühler. «Wir stehen früh auf, haben einen gefüllten Arbeitstag, rennen von einem Ort zum anderen, weil wir alles erledigen wollen. Der Schlaf erhält einfach nicht genug Raum». Zwar müsse man sich wegen einer schlaflosen Nacht noch keine Sorgen machen, man sei trotzdem leistungsfähig. «Sobald man aber längerfristig schlecht schläft, sollte man streng mit sich sein und Ruhe suchen», sagt der Neurologe. Und ergänzt: «Es gibt ein Sprichwort, das heisst: ‹Der Schlaf ist der Spiegel der Seele›. Da ist schon sehr viel dran.»



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