LEAN HOSPITAL
Mehr Zeit für den Patienten
Lean Management, sogenanntes schlankes Management, ist im Moment in aller Munde. Auch in den Solothurner Spitälern. Mit grossem Erfolg. Auf Stationen, die bereits nach Lean Management arbeiten, erhöhten sich die positiven Rückmeldungen der Patienten.
Die Notwendigkeit wurde bereits vor fünf Jahren mit dem Start des Neubaus gegeben. Im neuen Spital werden die Wege doppelt so lang und die Stationen durch die Zusammenlegungen doppelt so gross sein. Darauf vorbereiten kann man sich in der Pflege nur, indem man die Abläufe, also die Prozesse, überdenkt, analysiert und wo nötig ändert. Bei allen Überlegungen stand dabei der Patient im Zentrum. Daraus resultierte Lean Management oder Lean Hospital, wie die Umsetzung in den Spitälern genannt wird. Das Lean Hospital orientiert sich an sechs Grundsätzen (siehe rechte Seite). Dass die Begriffe japanisch klingen, kommt nicht von ungefähr, denn als Musterbeispiel für Lean Management gilt nach wie vor der japanische Automobilhersteller Toyota.
Von unten nach oben
«Wir realisierten sehr rasch, dass wir der Pflege nicht einfach ein neues System überstülpen konnten, sondern dass der Prozess von der Basis herkommen muss», sagt Dieter Hänggi, Leiter Pflegedienst des Bürgerspitals Solothurn. Er ist zusammen mit Projektleiter Fabio De Nardis verantwortlich für die Einführung von Lean Hospital. Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern definierten sie Massnahmen, wie Pflegende mehr Zeit beim Patienten verbringen können. Analysiert wurden auch Tätigkeiten wie Trinken und Essen servieren, Medikamente richten, Verbandsmaterial auffüllen, Betten anziehen und anderes. «Jeder soll das tun, was sie oder er am besten kann – Logistik etwa ist zum Beispiel keine Kernaufgabe der Pflege», so Dieter Hänggi.
Perfekt ist man nie
Danach wurde diskutiert, was im Alltag gut funktioniert, was weniger. «Kaizen» wurde eingeführt. Alle am Prozess Beteiligten sollen und dürfen ihre Meinung einbringen, auch Auszubildende im ersten Lehrjahr. «Gerade die Mitarbeitenden an der Basis haben oft die besten Ideen, da sie stark im Prozess eingebunden sind», so Dieter Hänggi. Aber perfekt ist ein System nie, so die Philosophie, deshalb finden «Kaizen» weiterhin regelmässig statt.
Austausch ist wichtig
An den Huddles, den täglichen Meetings (siehe Kasten), tauscht sich das gesamte Behandlungsteam untereinander aus. «Der Huddle funktioniert als neue Form der Kommunikation», so Dieter Hänggi. Jede und jeder hat dabei ein Mitspracherecht. Das Ergebnis verblüfft. «Wir haben weniger Patientenbeschwerden, wir haben weniger Überstunden von Pflegefachpersonen und wir haben weniger Stellenwechsel, weil wir eine höhere Arbeitszeitflexibilität bieten können», so Fabio De Nardis. Und vor allem: «Wir haben noch keine einzige Rückmeldung von einem Team erhalten, das sich wieder die alten Prozesse zurück wünscht.»
Station 2 G, 10.00 Uhr, «chöi mer huddle?»
Kontesa Ademi Jakupi, stellvertretende Stationsleiterin der chirurgischen Abteilung, steht im Stationszimmer vor dem Huddle-Board, einer weissen Tafel. Es sind Newsmeldungen zu lesen, es gibt Smileys für Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit, die Koordinaten aller Stationsärzte. Rechts daneben die Tagesplanung mit der Übersicht aller Patienten auf der Station 2 G. Wo sich früher Pflegende bis zu 50 Prozent ihrer Arbeitszeit aufhielten, herrscht heute Leere.
Lean Management bedeutet auch, dass die Pflege mobil arbeitet. Das spart Wegzeit, die direkt dem Patienten zugute kommt. Kontesa Jakupi ruft «chöi mer huddle?». Die vier Bezugspflegenden erscheinen, gehen routiniert die Patientinnen und Patienten durch, die Pausenplanung, es wird geklärt, welche Pflegende noch Kapazitäten hat. Nach fünf Minuten ist der morgendliche Huddle bereits fertig, alle wissen, wer woran arbeitet. Bis zum Umzug in den Neubau Bürgerspital Solothurn, so das Ziel, werden alle Bettenstation auf Lean Management umgestellt sein.
In diesem Beitrag erklären Ihnen die Mitarbeitenden, wie Lean Management funktioniert.
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