Rund um die Uhr
Im Notfallzentrum in Solothurn
Im Notfallzentrum in Solothurn werden die Patientinnen und Patienten zu jeder Tages- und Nachtzeit behandelt. Chefarzt Dr. med. Cyrill Morger erzählt aus dem spannenden und manchmal stressigen Alltag und erklärt, warum die Patientinnen und Patienten auch mal Geduld brauchen.
Eine Sportverletzung nach dem Grümpelturnier, Atembeschwerden oder plötzliche Bauchschmerzen: Es gibt viele Gründe, warum Patientinnen und Patienten das Notfallzentrum des Bürgerspitals in Solothurn aufsuchen. Seit vielen Jahren ist Chefarzt Dr. med. Cyrill Morger in diesem Bereich tätig und leitet seit gut einem Jahr die Klinik für Notfallmedizin in Solothurn. Noch heute gefällt ihm die Abwechslung in seinem Alltag besonders gut, erzählt er: «Keiner von uns weiss zu Beginn seines Dienstes, was der Tag bringen wird. Das medizinische Spektrum, mit dem wir zu tun haben, ist sehr breit – von weniger akuten bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen. Das macht die Arbeit sehr spannend.»
Triage für die beste Versorgung
Wenn Patientinnen und Patienten ins Notfallzentrum kommen, werden sie von einer speziell ausgebildeten Pflegefachperson in einem ersten Schritt untersucht und befragt. Danach wird entschieden, wie dringend eine Patientin oder ein Patient behandelt werden muss. Im Bürgerspital in Solothurn liegt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Notfallzentrum (Notfallstation und Notfallpraxis) bei drei Stunden – vom ersten Kontakt bei der Anmeldung bis zum Abschluss der Behandlung gerechnet. Behandelt werden alle, die unsere Hilfe benötigen, betont Cyrill Morger. «Die meisten Leute, die zu uns kommen, befinden sich in einer Notlage – ob krank, verunfallt oder manchmal auch aus organisatorischen Gründen. Für sie sind wir da», erklärt er. Wie schnell jemand an die Reihe kommt, hängt vom internen Triagesystem und vom Patientenanfall ab. Dieser Ablauf bestimmt, wie dringend eine Person behandelt werden muss. «Es ist wichtig, dass die Patientinnen und Patienten wissen, dass alle unsere Mitarbeitenden ihr Bestes geben, um die Wartezeiten so kurz wie möglich zu halten. Geduld und Verständnis sind aber trotzdem nötig», so der Chefarzt.
Mehr Patientinnen und Patienten auf dem Notfall
Die Auslastung der Notfallstationen nimmt stetig zu, berichtet Cyrill Morger. Zum einen würden mehr Patientinnen und Patienten direkt auf den Notfall kommen, die sich eigentlich auch in einer Hausarztpraxis behandeln lassen könnten. «Durch Informationsquellen wie das Internet erfahren die Menschen zudem viel über gesundheitliche Probleme und möchten von uns dann durch sofortige Abklärungen die Gewissheit, dass sie nicht an etwas Schlimmem leiden. Dieser Effekt hat sich seit der Pandemie noch verstärkt», so Cyrill Morger weiter.
Ein weiterer Grund für die steigende Auslastung der Notfallstation ist die alternde Bevölkerung. «Die Menschen leben länger, mit zunehmendem Alter haben sie mehr gesundheitliche Probleme. Viele ältere Menschen leben lange selbstständig alleine zu Hause und wenn dann etwas passiert – zum Beispiel ein simpler Sturz in der Wohnung – müssen sie im Spital behandelt werden, weil das bisher funktionierende häusliche System nicht mehr trägt.» Ältere Menschen, so Morger, leiden häufig an mehreren Krankheiten und ihre Behandlung und Betreuung sei entsprechend anspruchsvoll. Hilfreich sei es, wenn die Patientinnen und Patienten jeweils ihre Krankengeschichte mitbringen, in der vermerkt sei, unter welchen Krankheiten sie leiden und welche Medikamente sie einnehmen. Im Kontakt mit den Menschen, die die Notfallstation aufsuchen, sei auch ein zunehmender Trend zur Ungeduld spürbar. «Es gibt immer wieder Situationen, in denen wir den Respekt und den Anstand gegenüber unseren Mitarbeitenden vermissen. Manche sind verbal aggressiv, weil sie als Erste behandelt werden wollen, auch wenn aus medizinischer Sicht kein dringender Notfall vorliegt», berichtet er.
Lange Tage für das Personal
Täglich sind auf der Notfallstation in Solothurn während 24 Stunden fünf Kaderärztinnen und -ärzte im Einsatz plus mehr als ein Dutzend Assistenzärztinnen und Assistenzärzte. Dazu kommt eine grosse Anzahl an Mitarbeitenden der Notfallpflege und der Administration in diversen Schichten. Die interprofessionelle und interdisziplinäre Teamarbeit ist dabei entscheidend, Solothurn ist das grösste Notfallzentrum der drei soH-Standorte im Kanton. «Wenn der Betrieb normal läuft, sind wir personell gut aufgestellt. Wenn es lebhaft ist und viele Patienten gleichzeitig kommen – einige davon mit lebensbedrohlichen Situationen -dann können wir an unsere Grenzen stossen.»
Stress lasse sich auf dem Notfall nie ganz vermeiden, trotz guter Organisation. «Der Alltag ist unberechenbar. Wenn innerhalb kurzer Zeit mehrere Personen zu uns kommen, die akut schwer erkrankt oder lebensbedrohlich verletzt sind, benötigen wir viele Ressourcen. Aggressive Patienten, intensive Wiederbelebungsmassnahmen oder unerwartete Todesfälle sind Situationen, die uns besonders fordern und auch emotional belastend sein können. Auch nach vielen Jahren Berufserfahrung gehen solche Fälle nicht spurlos an einem vorbei. Es bewährt sich, das Team wenn möglich zeitnah zusammenzunehmen, um im Rahmen eines kurzen Debriefings über das Erlebte zu sprechen und sicherzustellen, dass die nötige Unterstützung erhält, wer diese benötigt.» Umso mehr freut es den Chefarzt, dass sich immer mehr angehende Ärztinnen und Ärzte für die Arbeit in der Notfallmedizin interessieren. Denn nur mit einer guten Ausbildung und langfristigem Engagement sammle man die Erfahrung, die es benötige, um auf dem Notfall innert kurzer Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Was bedeutet Triage?
Das Triagesystem in den Notfallstationen der Spitäler in Solothurn, Olten und Dornach dient dazu, Patientinnen und Patienten je nach Schweregrad ihrer Erkrankung oder Verletzung zu priorisieren, um sicherzu- stellen, dass die dringendsten Fälle sofort behandelt werden. Bei der Ankunft auf dem Notfall schildern die Patientinnen und Patienten den speziell dafür aus- gebildeten Pflegefachkräften ihre Beschwerden. Nach diesem Aufnahmegespräch und der ersten Untersuchung teilt das Personal die Person in eine von 5 Kategorien ein. Je nach Kategorie werden die Patientinnen und Patienten schneller oder weniger schnell behandelt.
Stufe 1
Sofortige Behandlung erforderlich Lebensbedrohliche Zustände, die eine sofortige Behandlung erfordern, zum Beispiel ein Herz- stillstand, ein Schock oder eine sehr schwere Verletzung nach einem Unfall.
Stufe 2
Dringende Behandlung erforderlich Schwere, aber nicht lebensbedrohliche Zustände, die schnell behandelt werden, zum Beispiel starke Atemnot, Brustschmerzen, oder eine schwere allergische Reaktion.
Stufe 3 Mittlere Priorität
Zustände, die nicht lebensbedrohlich sind, aber ärztliche Hilfe benötigen, zum Beispiel akute Bauchschmerzen oder ein gebrochener Arm.
Stufe 4 und 5 Niedrige Priorität
Leichte Erkrankungen oder Verletzungen, die zwar unangenehm, aber nicht gefährlich sind und oft länger warten können, zum Beispiel eine Grippe, kleine Wunden oder Kopfschmerzen.
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