Arzt sitzt am Tisch darauf ist ein Kniegelenk zu sehen.

Orthopädie

Der richtige Zeitpunkt

Wer im Alltag unter Beschwerden durch Arthrose leidet, denkt früher oder später über ein künstliches Gelenk nach. Eine Übersicht über die wichtigsten Fragen und Antworten mit Dr. med. Christoph Schwaller, Facharzt für orthopädische Chirurgie und Chefarzt der Klinik für Ortho­pädie und Traumatologie im Kantonsspital Olten.

Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür, über ein künstliches Gelenk nachzudenken?
«Der Hauptfaktor ist in dieser Frage der Patient oder die Patientin selbst. Nicht der Arzt, und auch nicht das Röntgenbild», betont Dr. med. Chris­toph Schwaller: «Wenn eine Person zusehends in ihren Alltagsverrich­tungen eingeschränkt wird und die Schmerzen mit konservativen Mass­nahmen nicht mehr gelindert wer­den können, dann ist der Zeitpunkt für eine nachhaltige operative Lö­sung gekommen.» Meistens, so der Facharzt, schicke der Hausarzt die Patientinnen und Patienten zu ei­nem Spezialisten, um die Ursache der Schmerzen und mögliche Mass­nahmen abzuklären. Die Quelle des Schmerzes zu finden, sei nicht im­mer leicht, erklärt er. «Jemand kann mit Knieschmerzen zu uns kommen, hat aber eigentlich ein Hüftproblem. Oder die Person leidet unter Schmer­zen in der Hüfte, die Ursache dafür liegt aber im Rücken.» Wie Mosaik­steinchen suche man als Arzt in die­sen Fällen nach Anhaltspunkten, um den wahren Grund für das Leiden der Patienten zu finden. Häufig würden Patienten dann ungläubig reagie­ren, wenn man ihnen erkläre, woher die Schmerzen eigentlich stammen. «Mit einer ungefährlichen Testsprit­ze mit einem kurzwirksamen Medi­kament in das betroffene Gelenk kann man den Patienten zeigen, dass die Ursache ihrer Schmerzen eben nicht dort liegt, wo es weh tut.»

Ist eine Operation immer notwendig?
In der Klinik für Orthopädie und Traumatologie in Olten zeige man den Patientinnen und Patienten je­weils zwei Wege auf, so Christoph Schwaller. Ein Weg sei derjenige der konservativen Therapie, die in einem ersten Schritt versuche, eine Opera­tion zu vermeiden. Der zweite Weg ist derjenige der Operation, in wel­cher ein künstliches Gelenk einge­setzt wird. Im Bereich der konservativen Therapie werden Schmerzmittel und entzündungshemmende Mittel ein­gesetzt sowie in Zusammenarbeit mit der Physiotherapie gezielt Mus­keln aufgebaut, um Fehlhaltungen zu korrigieren und die Hüfte oder das Knie zu stärken. Ein positiver Effekt dieser Massnahmen ist, dass Patien­tinnen und Patienten, die vor einer Operation Physiotherapie erhalten haben, in der Reha schneller Fort­schritte machen. «Wenn nichts mehr nützt», erklärt Christoph Schwal­ler, «dann gehen wir einen Schritt weiter und besprechen einen mögli­chen operativen Eingriff.»

Wie lange sind künstliche Gelenke haltbar?
Künstliche Hüft­ und Kniegelenke wurden in den letzten Jahrzehnten stark weiterentwickelt, insbesondere betreffend des Materialverschleisses. Der mechanische Abrieb des Kunst­gelenks ist vergleichbar mit dem Abnutzen des Autopneus, und in den vergangenen Jahren wurden sehr gute Lösungen in der Gleitpaarung gefunden, die eine Haltbarkeit von über 20 Jahren versprechen. «Heute gibt es eigentlich keine schlechten Prothesen mehr. Es wird das passende Implantat je nach Knochenqualität, Form und Konfi­guration des Patienten ausgewählt. Zum Beispiel muss die Verankerung bei Osteoporose anders erfolgen als bei jungen Patienten mit gesun­den Knochen», erklärt Christoph Schwaller.

Wie hat sich der Bereich der Orthopädie in den vergangenen Jahren verändert?
Verändert haben sich einerseits die Implantate, andererseits aber auch die Art, wie Operationen heute durch­ geführt werden, so Christoph Schwal­ler. So würden bei Operationen im­mer häufiger auch KI­unterstützte Navigationssysteme und Robotiksys­teme zum Einsatz kommen, welche die Chirurginnen und Chirurgen bei der präzisen Arbeit unterstützen. Ein Trend, der sich in den kommenden Jahren noch weiter fortsetzen wird, vermutet der Chefarzt. Die Arbeit im Bereich der Orthopä­die fasziniere ihn nach wie vor, be­tont er. «Das Beste an meiner Ar­beit ist vermutlich, dass wir die Patienten sehr schnell von Schmer­zen befreien können. Das ist wohl in keinem anderen Fachgebiet so extrem», erklärt er. Ausserdem gebe er sein Wissen gerne an jüngere Kol­leginnen und Kollegen weiter. Und: «Auch nach der tausendsten Hüft­operation finde ich es immer noch spannend, wie unterschiedlich die Voraussetzungen bei den Patientin­nen und Patienten sind.»

Wie lange braucht man, um sich nach einer Operation zu erholen?
Bei Hüftprothesen verlaufe die Hei­lung oft relativ rasch: «Meistens verläuft das reibungslos. Die Patien­tinnen und Patienten gehen rund vier bis sechs Wochen an Krücken, und nach drei Monaten mit Physio­therapie sind die allermeisten wieder schmerzfrei und sicher im Alltag un­terwegs», erklärt Schwaller. die Reha­bilitation nach Eingriffen am Knie­gelenk ist zwar nicht komplizierter als bei Eingriffen am Hüftgelenk, aber hingegen viel langwieriger. «Die volle Erholung und Verbesserung der Lebensqualität kann bis zu einem Jahr dauern. Schwellungen des gan­zen Beines und gestörter Lymph­abfluss sind häufig, so wie auch die vollständige Schmerzfreiheit erst nach Monaten erreicht wird», sagt der Chefarzt. Deshalb sei ein inten­sives Vorgespräch wichtig, um Pati­entinnen und Patienten früh darauf hinweisen zu können, dass sie in der Heilungsphase Geduld benötigen.


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