«Gefangen in der eigenen Welt»

PATIENTENPORTRAIT

«Gefangen in der eigenen Welt»

Andreas Walter war 17 Jahre alt, als sich seine psychische Erkrankung zum ersten Mal zeigte. Sowohl Andreas’ Familie als auch er selbst haben sich in den seither vergangenen 14 Jahren Strategien und Werkzeuge angeeignet, um damit umzugehen.

Nadine Walter:

Als alles begann, war ich 14, und damals hat mir das einen Schrecken eingejagt. Ich hatte Angst, dass die psychische Erkrankung meines Bruders erblich ist und dass ich auch krank werden könnte. Inzwischen bin ich froh, dass ich so früh mit dieser Herausforderung konfrontiert wurde. Durch die Erfahrung, dass jemand nicht funktionieren kann, obwohl äusserlich nichts zu sehen ist, verstehe ich heute viele Menschen besser. Ich weiss, was im Leben wirklich schön ist und geniesse die Zeiten, in denen es gut geht, so wie jetzt.

Andreas Walter:

Im Moment habe ich Boden unter den Füssen. Das war nicht immer der Fall. Damals, als es plötzlich nicht mehr ging und bei mir eine Schizophrenie diagnostiziert wurde, war ich 17 Jahre alt und in der Lehre. Ich musste damals für mehr als ein halbes Jahr ins Kinderspital. Am Anfang war es sehr schwierig, die Medikamente richtig einzustellen. Als ich 18 war, wurde mir rückwirkend eine Invalidenrente zugesprochen. Wenn es mir schlecht ging, hatte ich eine ganz andere Wahrnehmung und ein verzerrtes Weltbild. Es hat einfach mit mir gemacht.

Nadine Walter:

Du warst manchmal im Inneren wie auf einem anderen Planeten. Einmal hast du uns nicht mehr erkannt. Du wusstest nicht, dass wir deine Familie sind. Damals hast du auch nichts mehr gegessen.

Andreas Walter:

Ja, ich habe damals mitbekommen, was geschah, wie man mit mir sprach, was man zu mir sagte. Ich konnte mich einfach nicht mehr ausdrücken. Die Erfahrungen halfen mir später dabei, unsere Grossmutter zu verstehen, als sie dement wurde. Meine Krankheit hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, dass wir Verständnis füreinander haben und uns immer wieder bemühen, einander zu verstehen.
Nadine Walter: Manchmal hat mich das sehr viel Geduld gekostet. Ich kann sagen, dass ich Andreas besser kenne als meine eigene Hosentasche. Ich
kann immer spüren, wie es ihm geht. Manchmal kann sich das innerhalb von Minuten ändern. An einem gemütlichen Abend mit Freunden verlässt er manchmal abrupt die Runde. Oder er sitzt zu Hause am Tisch und sagt plötzlich gar nichts mehr. Dann will er nicht reden und verschwindet. In solchen
Situationen bleibe ich dran, frage ihn, was ihn bedrückt, was los ist, manchmal eine ganze Stunde lang.

Andreas Walter:

Ein Gespräch hilft mir oft, die Dinge zu relativieren. Ein offenes Ohr ist wie ein Ventil. So kann ich die Spannung abbauen, das ist Gold wert. Manchmal ist aber auch der Rückzug für mich sehr wichtig. Angehörige wollen oft helfen und etwas tun. Aber in manchen Momenten kann man machen, was man will, es hilft nicht. Manchmal werde ich auch überschätzt. Die Leute fragen mich dann: Was fehlt Ihnen denn? Wieso brauchen Sie diese Unterstützung? Denn selbst wenn es mir ganz schlecht geht, sieht man mir das nicht an. In der Öffentlichkeit reisse ich mich sehr zusammen. Das kostet so viel Energie.

Nadine Walter:

Erst zu Hause, wenn du dich sicher fühlst, sehen wir, wie es dir wirklich geht. Wir wissen, dass du manchmal daran gedacht hast, dir
das Leben zu nehmen. Für Aussenstehende ist es schwer zu verstehen, was das bedeutet. Einmal hast du dich während einem stationären Aufenthalt
in den Raum der Stille zurückgezogen und wir konnten dich nicht mehr finden. Wir gerieten in Panik und waren völlig «näb de Schue». Wenn so etwas passiert, kann man nicht mehr klar denken.

Andreas Walter:

Aber seit meinem letzten Aufenthalt in der Notfall- und Krisenambulanz Solothurn geht es mir viel besser. Meine Bezugsperson hat viel dazu beigetragen. Sie konnte mir alles bildlich erklären, dass es mir so klar wie ein Gletschersee wurde, was ich zu tun habe. Ich übe zum Beispiel, die ersten Anzeichen besser zu spüren und dann auch Stopp zu sagen.

Nadine Walter:

Andreas ist so ein liebenswürdiger und gutmütiger Mensch. Man schliesst ihn sofort ins Herz. Und es ist so schön, so einen Menschen als Bruder zu haben. Er würde nie jemandem etwas tun, wurde auch in schlechten Zeiten nie aggressiv. Aber es gibt auch Menschen, die das ausnutzen.

Andreas Walter:

Es hilft mir extrem, dass ich so ein tolles Umfeld habe. Wenn verschiedene Leute alle dasselbe sagen, weiss ich, aha, da muss ich aufpassen. Auf dem Bauernhof, wo ich seit fünf Jahren bei einer Gastfamilie wohne, erhalte ich viel Unterstützung. Auch die anderen Bewohner helfen mir, Dinge besser zu verstehen. Seit zwei Jahren arbeite ich zu hundert Prozent in der Gastronomie in einem geschützten Arbeitsverhältnis. Die Tatsache, dass ich nur wenige Absenzen habe, zeigt mir, wie gut es mir geht. Ich bin auf einem guten Weg.


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KINDERMEDIZIN

Notfall mit Kindern

Der Kanton Solothurn verfügt über kein Kinderspital. Doch mit den beiden Kinderarztpraxen im Kantonsspital Olten und Bürgerspital Solothurn und der Zusammenarbeit mit den Kinderspitälern in Aarau, Basel und Biel ist die notfallärztliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen gewährleistet.

Wie vorgehen bei einem nicht lebensbedrohlichen Notfall bei Kindern und Jugendlichen?

Grundsätzlich ist für alle kindermedizinischen Fragen Ihre Kinderärztin oder Ihr Kinderarzt zuständig. Ausserhalb der Praxiszeiten nachts und am Wochenende können Sie sich auch an die kindermedizinische Hotline des Kantons Solothurn wenden. Dort erhalten Sie24 Stunden, sieben Tage die Woche professionelle medizinische Auskunft.

24h-Hotline Kindermedizinische Beratung im Kanton Solothurn

Telefon 0900 627 321
Für Prepaid-Kunden 0900 627 322
Kosten: 2 Franken pro Minute

Gruppenpraxis für Kinder und Jugendliche Solothurn

Schöngrünstrasse 42
4500 Solothurn
Telefon 032 627 37 77
www.gruprax.ch
E-Mail: info@gruprax.ch

Kinderarztpraxis Olten – Praxis für Kinder- und Jugendmedizin

Fährweg 10
4600 Olten
Telefon 062 206 15 15
www.kinderarztpraxis-olten.ch

Kinderärztlicher Notfalldienst:

T 0848 112 112
Tagsüber von 8 bis 20 Uhr steht in Ihrer Region immer eine Kinderärztin oder ein Kinderarzt zur Verfügung. Unter dieser Telefonnummer erhalten Sie Auskunft, welche Ärzte Notfalldienst ausserhalb dieser Zeiten leisten.

Psychiatrischer Notfalldienst der Solothurner Spitäler für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre

• Solothurn und Grenchen: Telefon 032 627 17 00
• Olten und Balsthal: Telefon 032 627 18 50

Bei lebensbedrohlichen Notfällen immer die Notrufnummer 144 wählen!


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Menschen mit starken Schmerzen, Erbrechen, Schwäche oder Druck auf der Brust suchen in dieser Nacht die Notaufnahme auf. Die Herausforderungen sind aber auch das, was diese Arbeit so spannend macht.


Vernetzte Zusammenarbeit

DIE NOTFALLSTATION DORNACH IN ACHT PUNKTEN ERKLÄRT

Vernetzte Zusammenarbeit

Auf der Notfallstation werden rund um die Uhr sieben Tage die Woche Patientinnen und Patienten mit allen möglichen Erkrankungen oder Verletzungen behandelt. Dazu braucht es klare Prozesse und eine vernetzte Zusammenarbeit. «Thema» nimmt Sie mit auf einen Rundgang durch die Notfallstation im Spital Dornach.

1

Der Empfang

Wer in der Lage ist, den Notfall selbst aufzusuchen, kann sich über eine Gegensprechanlage bemerkbar machen und wird am Eingang abgeholt. Von hier aus geht es direkt in die Patientenaufnahme zur Erfassung der wichtigsten Personendaten oder in dringlichen Fällen gleich zur medizinischen Behandlung. Im angrenzenden Raum findet danach die Triage statt. Hier wird festgestellt, welche Behandlungsschritte mit welcher Dringlichkeit notwendig sind. Während sich im Spital Dornach etwa 60 % der Patienten selbst einweisen, werden weitere 25 % von einem externen Arzt zugewiesen. 15 % werden durch den Rettungsdienst in die Notfallstation gebracht. «Falls jemand noch Zeit hat, ist es für uns sehr hilfreich, wenn die Medikamentenliste und die Krankenkassenkarte mitgebracht werden. Es kommt aber auch vor, dass wir namenlose Patienten behandeln, die sich nicht identifizieren können», sagt Dr. med. Tobias Hoffmann, Leitender Arzt der Notfallstation Dornach.

2

Die Vorabklärung mit der Triage

Damit jeder Patient so schnell wie möglich optimal behandelt werden kann, wird ein bewährtes System, die Triage, angewendet. Die Triage erhöht die Effizienz deutlich, denn sie unterteilt die notwendigen Behandlungen und Abklärungen in ein der Triage entschieden wird, wem wann welche Behandlung zuteilwerden soll, kann sichergestellt werden, dass die Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden. Die Notfallstationen der Solothurner Spitäler verwenden dazu den Emergency Severity Index ESI. Speziell dafür ausgebildete Pflegefachpersonen beurteilen anhand von einem Fragenkatalog den Gesundheitszustand des Patienten und teilen ihn in eine Kategorie zwischen ESI 1 bis ESI 5 ein. Spitäler haben eine Aufnahmepflicht. Ralf Kühn, Leiter Pflege der Notfallstation Dornach, erklärt: «Der Patient entscheidet, ob es ein Notfall ist oder nicht. Die Behandlungsdringlichkeit wird dann von den Spezialisten festgelegt.» Patienten der Kategorie 1 benötigen lebensrettende Sofortmassnahmen. In die Kategorie 5 eingeteilt werden Patienten, die beispielsweise einen Wundverband oder ein Rezept benötigen.

3

Fast Track oder Notfallkoje?

Wer auf der ESI Skala mit vier oder fünf eingestuft wurde, kann ab 2022 in einem der vier neu gebauten Fast Track Behandlungsräume versorgt werden. Diese sind ausgerüstet wie ein Behandlungszimmer einer Hausarztpraxis. Hier können viele einfache Massnahmen rasch und rund um die Uhr durchgeführt werden. Die schwereren Fälle werden auf eine von sechs Notfallkojen verlegt. Nebst den Notfallärzten können bei Bedarf jederzeit spezialisierte Ärzte aus den Bereichen der Allgemeinen Inneren Medizin und Chirurgie, der Traumatologie, Radiologie, Urologie, Onkologie, Hämatologie, Wirbelsäulenchirurgie, Pneumologie, Endokrinologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, der Psychiatrie oder der Orthopädie hinzugezogen werden. Dank mobiler Stationen für Gips, Wundversorgung, Ultraschall und Reanimation können alle Behandlungen in jeder Notfallkoje durchgeführt werden. Patienten der ESI Stufe 1, die akut lebensbedrohlich verletzt oder erkrankt sind, werden primär auf der Notfallstation Dornach stabilisiert und anschliessend meistens an ein Zentrumsspital weiterverlegt.

4

Der Stützpunkt

Nach dem Umbau des Notfalls in diesem Jahr werden die Räumlichkeiten offener, die Verbindungen direkter. Ein Kernstück davon bildet eine lange Theke im Eingangsbereich. Dahinter befindet sich neu der Stützpunkt, in dem alle Fäden zusammenlaufen. Ein Dispositions-Tool zeigt an, welche Patienten aktuell betreut werden, welcher ESI Stufe sie zugeordnet wurden, welche Fachgebiete einbezogen sind, wer für sie zuständig ist und welche Massnahmen ergriffen wurden und noch anstehen. Über Monitore werden ausserdem aus den Notfallkojen Vitaldaten übermittelt wie Herzrhythmus, Blutdruck, Sauerstoffsättigung des Hämoglobins oder Körpertemperatur. So kann das Notfallteam auf Auffälligkeiten sofort reagieren und immer im Blick behalten, wie sich der Gesundheitszustand aller Patienten entwickelt. Das erleichtert auch die unmittelbare Planung von Bettenbelegung und Personaleinsatz. «Die Arbeit auf dem Notfall ist keine gerade Strasse sondern eine Berg- und Talfahrt.», sagt Ralf Kühn. «Die Intensität des Tages schwankt zwischen 70 % und dann gefühlt über 100 %, aber das ist das spannende, jeder Tag ist anders, die Karten werden immer wieder neu gemischt.»

5

Die Wartezeiten

«Unser Anliegen ist es, dass wir alle Patienten möglichst rasch behandeln und aus der Notfallstation wieder entlassen können. Die durchschnittliche Gesamtaufenthaltszeit beträgt im Moment bei uns zwei Stunden», sagt Tobias Hoffmann. Wartezeiten lassen sich jedoch nicht vermeiden, denn eine Notfallstation ohne Wartezeiten ist genauso überdimensioniert wie ein Bus, in dem Sie zu jeder Tageszeit einen Sitzplatz finden. Dass die Wartenden in der Reihenfolge der Dringlichkeit und nicht in der Reihenfolge der Ankunft behandelt werden, ist ein häufiger Grund für Irritationen. «Wenn Patienten ungeduldig sind oder sogar fordernd werden, bringt das Unruhe in den Betrieb, macht aber nicht, dass es schneller geht», sagt Ralf Kühn. «Die allermeisten Patienten haben jedoch Verständnis und dafür sind wir immer dankbar.»

6

Die Besprechung

Im Stützpunkt findet auch die Besprechung, das sogenannte Huddle statt, bei dem das gesamte Notfallteam zusammenkommt und sich über die laufenden Fälle und die bevorstehenden Herausforderungen austauscht. Als Tobias Hoffmann, leitender Arzt, erklärt, dass solche Huddles alle drei Stunden stattfinden, meint eine Assistenzärztin: «Ja schön wärs», und fröhliches Gelächter bricht aus. Auf der Notfallstation muss es manchmal unglaublich schnell gehen und es passiert immer wieder, dass Abläufe nicht plangemäss stattfinden können. Aber das schweisst das Team zusammen und macht offensichtlich auch Spass. «Die Hierarchien sind flach auf dem Notfall. Wenn es sehr schnell gehen muss, arbeitet man Hand in Hand gemäss eingeübtem Ablauf ohne Zwischenbesprechungen. So arbeitet die Pflege beispielsweise in der Analgesie (Behandlung von Schmerzen, Anm. d. Red.) autonom», sagt Tobias Hoffmann.

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Neue Möglichkeiten

«In die Notfallstation kommen Menschen mit den verschiedensten Beschwerden, Hintergründen und Lebensgeschichten. Wir nehmen sie auf und dann öffnet sich ein Trichter in alle weiteren medizinischen Fachgebiete» sagt Tobias Hoffmann. In vielen Fällen braucht es für eine genaue Diagnose die Radiologie, deshalb gibt es ab 2022 in Dornach eine Notfall-Röntgenstation. Sie befindet sich hinter den Kojen und ist von dort über einen kurzen Gang erreichbar. Nach dem Umbau ermöglicht zudem eine Rohrpost, dass Blutproben per Luftdruck in den zweiten Stock ins Labor geschickt werden. So können beispielsweise in der Behandlung von lebensbedrohlichen Symptomen wichtige Sekunden gewonnen werden. Neu wird auch die Apotheke mit dem Materiallager direkt hinter dem Stützpunkt zentral platziert sein.

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Der Job

Notfallmedizin ist ein Querschnittsfach, welches auf der engen Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufsgruppen und medizinischen Disziplinen basiert. Die Arbeit ist deshalb abwechslungsreich wie kaum eine andere und die einzelnen Fachpersonen haben weitreichende Kompetenzen. Gleichzeitig ist die Arbeit herausfordernd und hektisch und verlangt viel Flexibilität und Belastbarkeit. Die Arbeitszeiten werden auch in Zukunft immer stärker angepasst an den Bedarf. «Die Erfahrung zeigt, dass die Betriebsunfälle in den Firmen entweder ganz am Anfang oder kurz vor Schluss passieren», sagt der Leiter der Pflege, Ralf Kühn. So ergibt sich an einem durchschnittlichen Tag auf dem Notfall Dornach ein Belastungshöhepunkt ab 10 Uhr und ab 17 Uhr. Nach 20 Uhr wird es meist wieder ruhiger. Eine weitere Besonderheit ist, dass das Team im Notfall in vielen Fällen kaum Vorinformationen der Patientin oder des Patienten hat. Im Verlauf der Behandlung setzt sich anhand von Patientenaussagen, körperlichen Anzeichen oder Hinweisen von Angehörigen langsam ein Puzzle zusammen, bis genügend Teile vorhanden sind, dass der Fall in die Hände von Fachspezialisten weitergegeben werden kann. «Es hat etwas von Detektivarbeit, wenn das Notfallteam so schnell wie möglich versucht herauszufinden, welche medizinischen Probleme vorliegen», erklärt Ralf Kühn. «Das erfordert grosse Erfahrung, hohe Sozialkompetenz, aber auch die entsprechenden Zusatzausbildungen sind anspruchsvoll», meint Tobias Hoffmann. Bei den Ärztinnen und Ärzten gibt es einen Fähigkeitsausweis der Schweizerischen Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin SGNOR. Diplomierte Expertinnen und Experten Notfallpflege haben nebst ihrer Pflegeausbildung das Nachdiplomstudium Notfallpflege absolviert.


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Melihate Hetemi lächelt in die Kamera

Man weiss nie, was als nächstes kommt

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AUF DER NOTFALLSTATION DES SPITALS DORNACH

Man weiss nie, was als nächstes kommt

Menschen mit starken Schmerzen, Erbrechen, Schwäche oder Druck auf der Brust suchen in dieser Nacht die Notaufnahme auf. Die Herausforderungen sind aber auch das, was diese Arbeit so spannend macht.

Montagnacht, Ende September 2021, Notfallstation Spital Dornach. Schon an der Atmosphäre merkt die stellvertretende Leiterin Pflege Notfall, Melihate Hetemi, dass heute ein ruhiger Tag war und im Notfall noch einige Betten frei sind.

22.25 Uhr

Im Kleiderlager im Untergeschoss bezieht das Personal die Spitalkleidung für diese Schicht. In neutraler, weisser Kleidung betritt Melihate Hetemi den Stützpunkt. Gemeinsam mit ihr ist Assistenzärztin Janine Lindtke im Einsatz. Heute ist auch Noe Steslowicz zur Stelle. Er ist einer von elf Medizinstudierenden, die seit Januar die Nachtschicht unterstützen. Der Aufwand, den die Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 mit sich bringt, ist zu zweit in einer hektischen Nacht kaum zu bewältigen und der Einsatz wird sehr geschätzt.

22.30 Uhr

Die Spätschicht, seit halb drei Uhr nachmittags im Einsatz, übergibt an die Nachtschicht. Zu allen Personen, die jetzt im Notfall sind, gibt es einen kurzen Statusbericht mit wichtigen Hintergrundinformationen. Von einer Patientin weiss man, dass sie ein kleines Kind hat. Die Betreuungslösung sei aber nicht ideal. Sie will so schnell wie möglich nach Hause. Eine andere Patientin konnte nicht genau sagen, welche Medikamente sie eingenommen hat. Man wartet auf ein Foto, das ihre Tochter von der Hausapotheke machen will.

22.35 Uhr

Melihate Hetemi macht einen Rundgang durch die Notfallkojen und stellt sich allen Patientinnen und Patienten kurz vor. Sie fragt, wie es ihnen geht, ob sie etwas brauchen. Eine Person möchte etwas trinken, jemand muss zur Toilette. Sie wird gefragt, wie lange man noch warten müsse. «Wir geben unser Bestes. Wie lange es genau dauern wird, kann ich wirklich nicht sagen. Das ist schwierig abzuschätzen.» Sie steckt mit ihrem Lachen die Menschen an, die teilweise Schmerzen haben, besorgt oder gestresst sind.

Ein Gerät misst den Puls des Patienten

23.25 Uhr

Ein älterer Herr, der mit akuten Schmerzen im Brustbereich eingeliefert worden war, kann vom Notfall auf die Intermediate Care Station verlegt werden, wird also intensivmedizinisch betreut. Er hat bereits zwei Herzinfarkte erlitten und soll weiterhin kontinuierlich überwacht werden, ohne dass man ihn dabei weckt. Sein mobiler Monitor bleibt während des Transports angeschlossen. So behält die Pflege seine Vitaldaten auch unterwegs stets im Auge. Der Blutdruck ist wieder im normalen Bereich, sein Zustand ist stabil und die Werte sehen gut aus.

23.43 Uhr

Eine Dame im höheren Alter ist zu Hause gestürzt und konnte nicht mehr alleine aufstehen. Die Polizei hat die Tür geöffnet und die Rettungssanität brachte sie in den Notfall. Bei einem sogenannten «log roll» führte das Team eine achsstabilisierte Drehung auf die Seite durch und die Assistenzärztin tastete die Wirbelsäule ab. Dabei tat der Patientin nichts weh. Zur weiteren Abklärung möglicher Sturzfolgen wird ein Schichtröntgen mit dem Computertomografie-Gerät empfohlen.

0.25 Uhr

Eine junge Frau kann mit einem stabilisierenden Salbenverband und Schmerzmitteln entlassen werden. Auch mithilfe einer Computertomografie konnte kein Bruch gefunden werden. «Wenn Sie zu Hause den Verband neu machen, streichen Sie die Salbe wie Butter aufs Brot, es darf eine Schicht unter dem Verband bleiben» erklärt Melihate Hetemi.

Mit einem Messgerät werden die Vitalwerte kontrolliert

1.15 Uhr

Roberto Picallo schaut vorbei, um zu sehen, was ihn heute Abend in der Radiologie noch erwarten könnte. Wenn ein Röntgen oder eine Computertomografie notwendig werden, führt er diese durch. Die Bilder werden während der Nacht in Basel von Spezialisten ausgewertet. Da es im Moment ruhig ist, wird er sich im Piquettzimmer für ein paar Stunden hinlegen. Heute wird ihn Janine Lindtke jedoch um kurz nach drei Uhr wieder wecken müssen.

1.29 Uhr

Eine Pflegefachfrau ruft aus der Abteilung E an. Eine Patientin hat blutig erbrochen. Die Assistenzärztin geht vorbei und prüft, welche Massnahmen sinnvoll sind.

1.40 Uhr

Die Auswertung der Computertomografie für die ältere Patientin ist eingetroffen. Es wurde eine Wirbelsäulenfraktur festgestellt. Offen bleibt, ob es ein älterer oder ein neuer Bruch ist. Janine Lindtke prüft erneut die Reflexe in Beinen und Füssen. Die Ergebnisse der Tests sind erfreulich, Reflexe und Mobilität sind gegeben. Die ältere Dame kann in die Chirurgie-Abteilung verlegt werden.

2.10 Uhr

Die stellvertretende Leiterin Pflege Notfall Melihate Hetemi und Medizinstudent Noe Steslowicz essen etwas, während die diensthabende Assistenzärztin Janine Lindtke sich um eingehende Anrufe und hausinterne medizinische Anfragen kümmert. Man stellt fest, dass die auf die Jahreszeiten abgestimmte Dekoration den Leuten fehlt. Es ist nicht das einzige, auf das aus Pandemiegründen verzichtet werden muss. Wenn die Pflegefachleute mit dem Handrücken die Temperatur eines Patienten einschätzen oder kurz sein Handgelenk drücken, atmen die Personen sofort ruhiger und entspannen sich ein bisschen. Die derzeit notwendige Distanz erschwert die wichtige Aufgabe, den Patienten Sicherheit zu geben und sie zu beruhigen.

Junge Frau wird im Rollstuhl in den Notfall gebracht

2.33 Uhr

Die Werte beim älteren Patienten bleiben erfreulich. Er wird am darauffolgenden Tag nach Hause gehen können, wenn sein Gesundheitszustand weiterhin so gut bleibt. Plötzlich klingelt das Telefon. Eine Frau kündigt an, dass sie vorbeikommen wird, da sie seit Tagen immer wieder erbrechen muss.

3.05 Uhr

Ein älterer Herr bringt, wie bereits telefonisch angekündigt, seine Frau in den Notfall. Beim Eintreten erhält sie eine Maske, desinfiziert sich die Hände und ihr Impfstatus wird abgefragt. Dann darf sie im Rollstuhl direkt in die Koje, wo sie an den mobilen Monitor kommt zur Überwachung ihrer Vitalwerte. Auch ein EKG wird gemacht. Danach nimmt Melihate Hetemi Blut ab und verabreicht über eine Infusion ein Medikament gegen Übelkeit. Erst danach werden die Formalitäten erledigt. Dank der Krankenkassenkarte ist das schnell gemacht.

3.17 Uhr

Der Patient auf der Station E erbricht zum zweiten Mal blutig. Sein Hämoglobinwert ist um 20 abgefallen und die Assistenzärztin untersucht ihn erneut. In Absprache mit dem Kaderarzt im Piquettdienst ordnet sie nun eine Computertomografie für Abdomen und Becken an. Danach wird es ruhig.

6.35 Uhr

Ein junger Mann meldet sich an. Trotz einer Verletzung vom Vortag wollte er heute arbeiten, aber die Schmerzen an der Hand waren zu stark. Dieser Fall bestätigt die Erfahrungswerte am Notfall, die zeigen, dass sich Eintritte morgens bei Arbeitsbeginn und um den Feierabend herum häufen. Im Röntgenbild ist kein Bruch nachweisbar. Die Tagschicht wird ihn mit stärkeren Schmerzmitteln und einem Salbenverband bald wieder entlassen können.

Aufnahmepflicht

Die Solothurner Spitäler haben einen Notfallversorgungsauftrag. Sie sind damit verpflichtet, Patientinnen und Patienten an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr aufzunehmen. Bei jedem notfallmässigen Eintritt eines Patienten muss dabei die ärztliche Versorgung sichergestellt sein. Notfallstationen spielen eine zentrale und wichtige Rolle im Schweizer Gesundheitssystem.

 

Mehr zu den Notfallstationen der Solothurner Spitäler erfahren


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  • Unser Ziel ist es, jede Patientin, jeden Patienten so rasch wie möglich zu behandeln. Die Reihenfolge der Behandlungen erfolgt jedoch nach der Dringlichkeit. Personen etwa, die ein lebensbedrohliches medizinisches Problem haben, werden stets als erste behandelt.
  • Bringen Sie nach Möglichkeit Folgendes mit: Krankenkassenkarte, Medikamentenliste, Arztberichte, allenfalls Hygieneartikel, Ladegeräte, Kleider.
  • Bitte schildern Sie auf Nachfrage Ihr Leiden oder Ihren Unfall möglichst exakt und klar. Scheuen Sie nicht, Fragen zu stellen, sollte Ihnen etwas unklar sein.
  • Melden Sie sich bitte unverzüglich beim Personal, wenn sich während des Wartens Ihr Zustand verschlechtert.
  • Für fremdsprachige Patientinnen und Patienten ist es von Vorteil, eine übersetzende Person mitzunehmen. Das Personal kann auch einen Übersetzungsdienst aufbieten.
  • Bitte beschränken Sie Besuche oder Begleitungen auf eine Person. Es gelten stets die aktuellen Regeln bezüglich den Pandemiemassnahmen.


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Sacha De Carlo unterzog sich im November 2019 einer Bariatrischen Operation am Kantonsspital Olten. Es war der Startschuss in ein neues, gesundes Leben.

«Ich bin bald 47 Jahre alt, aber so viele Veränderungen wie in den letzten zwei Jahren hätte ich nie erwartet. In Erinnerung bleibt sicherlich die Covid-19-Pandemie. Sie brachte viele Veränderungen im Privat- und Berufsleben mit sich, glücklicherweise nicht nur schlechte. Ich konnte dank Homeoffice flexibler arbeiten und hatte so mehr Zeit, um mich auf meine Gesundheit zu fokussieren.
Auch im Privaten war 2020 ein Jahr des Wandels für mich. Ich verlor 50 Kilogramm Gewicht. Diese physische Veränderung hatte viele positive Aspekte: zum Beispiel die Chance, Teil des siegreichen Bike2Work-Teams meiner Firma zu sein. Aber ich war auch ganz generell physisch aktiver und erfreute mich am Mountainbike- oder Rennvelofahren sowie Wandern in den Solothurner oder Tessiner Bergen.

Wie ich das geschafft habe? Alles begann 2018 im Stoffwechselszentrum des Kantonsspitals Olten. Ich war zu schwer und nicht gesund. Mein BMI lag zu diesem Zeitpunkt über 40.
Zuerst musste ich abnehmen. Was einfach klingt, ist trotz Ernährungsberatung und Diät nicht einfach zu erreichen. Ich habe zu wenig abgenommen und eine zweite Diät begonnen. Doch wegen erhöhtem Blutdruck und schlechter Leberwerte reichte auch das nicht aus. So habe ich mit Herrn Dr. Pfefferkorn die Bariatrischen Operationsverfahren diskutiert. Die Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen, aber ich bin froh, dass ich diese Chance ergriffen habe. Nach einer sechsmonatigen Vorbereitungsphase haben wir das Operationsdatum auf den 19. November 2019 festgelegt. An diesem Tag wurden 80 Prozent meines Magens und meine Gallenblase entfernt.

Neunzehn Monate nach dem Eingriff bereue ich einzig, dass ich mich nicht früher zu diesem Schritt entschlossen habe. Dank der sehr guten Beratung habe ich alles neu gelernt: gesund kochen, Kalorien berechnen, langsam essen und sehr viel Sport machen. Seit einem Jahr ist mein Gewicht stabil, mein Blutdruck perfekt. Ich bin wieder gesund und kann problemlos weite Strecken mit dem Rennvelo oder Mountainbike zurücklegen, zum Beispiel von Lostorf auf die Belchenflue und retour. All diese Aktivitäten schaffe ich, ohne immer müde zu sein oder keine Kraft wegen Adipositas zu haben. Das ist wahre Lebensqualität.

Ich bin dem ganzen Team des Kantonsspital Olten sehr dankbar. Dass sie mich bei meinem Weg zurück zu meinem gesunden Ich unterstützt haben, werde ich nie vergessen.»

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Ein Gelenkersatz ist heute bis ins hohe Alter möglich. Eine sorgfältige Abklärung lohnt sich dennoch, meint der Facharzt für Orthopädie.

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Dr. rer. medic. Angelika Elsenbast ist promovierte Psychologin und arbeitet als Psychoonkologin am Bürgerspital Solothurn. Sie berät Patientinnen und Patienten, die ein Krebsleiden haben oder hört ihnen oft einfach nur zu.


Der lange Weg zurück

LONG-COVID

Der lange Weg zurück

Rund zehn Prozent aller Covid-19-Erkrankten leiden unter Langzeitfolgen. Weshalb, ist unklar. Was man aber weiss: Die allermeisten Patientinnen und Patienten erholen sich. Es braucht aber Geduld. Viel Geduld.

Manche können keine zehn Treppenstufen mehr hochgehen und sind vor der Erkrankung Mara­thondistanzen gelaufen. Andere leiden unter Kopfschmerzen, starker Müdigkeit, Atemnot, Muskelschmerzen, Herzrasen oder können sich kaum mehr konzentrieren. Vor der Corona-Infektion aber waren sie vital und leistungsfähig. «Long-Covid-Patienten stellen die Wissenschaft aktuell immer noch vor Rätsel», sagt Dr. med. Marc Maurer, Leitender Arzt Pneumologie am Kantonsspital Olten. Der Lungenarzt und sein Team betreuen Patientinnen und Patienten mit Spätfolgen der Covid-Erkrankung in Zusammenarbeit mit der Neurologie und der Infektiologie.

Organschäden sind sehr selten

Long-Covid-Patienten sind zwischen 30 und 80 Jahre alt, Frauen sind in der Tendenz etwas häufiger betroffen als Männer. Aber das seien Beobachtungen und keine wissenschaftlichen Fakten, so Maurer. Wenn seine Patienten zur Messung der körperlichen Leistung auf den Hometrainer steigen, «können wir klar dokumentieren, dass die Lunge zwar funktioniert, die Leistungsfähigkeit insgesamt aber massiv eingeschränkt ist.» Das liegt nicht an der Motivation oder an Organschäden, sondern daran, dass das gesamte Zusammenspiel von Herz, Lunge, Muskulatur und Gefässen nicht mehr funktioniere. «Corona kann zu einer Entzündung im gesamten Körper führen und so auch verschiedene Organe betreffen.»

Was ist Long-Covid

Medizinisch spricht man von einem Post-Covid-Syndrom, der Begriff Long-Covid etabliert sich jedoch immer mehr. Als Long-Covid-Patienten gelten Personen, bei denen die Symptome länger als 12 Wochen andauern, die unter Kurzatmigkeit, dem Müdigkeitssyndrom Fatigue, Stress, Konzentra­tionsstörungen, Brustschmerzen oder anderen Folgen der Infektion leiden. Am häufigsten treten die Symptome Müdigkeit und Kurzatmigkeit auf. Von Long-Covid-Symptomen können alle Menschen betroffen sein, jung, alt, Leistungssportlerinnen oder auch Menschen mit Vorerkrankungen. Tendenziell sind eher Menschen betroffen, die einen schweren Erkrankungsverlauf durch­gemacht hatten. Man schätzt aber auch, dass 10 bis 20 Prozent der Patienten, bei denen die Coronainfektion keine Symptome auslöste, Long-Covid-Folgen haben können.

Patienten in allen Bereichen aufbauen

Long-Covid-Patienten fallen mental oft in ein Loch, da zwischen dem, was sie erwarten und dem, was passiert, eine grosse Diskrepanz besteht. «Nach einer schweren Erkältung ist man ja meistens noch ein, zwei Wochen nicht so fit, merkt jedoch sehr rasch, wie die Form Tag für Tag wieder zurückkommt. Bei Long-Covid hingegen gehts einfach nicht mehr bergauf.» Das verunsichere viele, so Marc Maurer.

Die Therapie bei Long-Covid-Symptomen ist zwar simpel, erfordert aber Willen und Disziplin. «Es ist sehr wichtig, dass trotz Erschöpfung und Müdigkeit der Organismus stetig gefordert, jedoch nicht überfordert wird», so der Lungenfacharzt. Deshalb würde er mit den Patientinnen und Patienten kleine Ziele formulieren, damit sie motiviert bleiben.

Am Kantonsspital Olten und am Bürgerspital Solothurn gibt es seit ein paar Monaten auch Gruppentherapien, in denen Long-Covid-Patienten gemeinsam trainieren (siehe Kasten). «Bei Long-Covid arbeiten wir viel auf der Metaebene: Training, Support, Motivation. Als Arzt hätte ich zwar lieber wissenschaftlich gesicherte Fakten, die es aber noch nicht gibt.» Die Resultate der Therapie, betont Marc Maurer, seien deshalb aber nicht weniger gut. Wenn die Patientinnen und Patienten nach langer Zeit ihre Form wieder zurückerhalten, so geschieht diese Rückkehr zur Normalität langsam, eher schleichend. Der Wow-Effekt bleibt dabei aus, es sei vielmehr ein fliessender Prozess.

Was tun bei Long-Covid?

Am Kantonsspital Olten und am Bürgerspital Solothurn gibt es neu für Patientinnen und Patienten, die unter Long-Covid-Symptomen leiden, interdisziplinäre Sprechstunden und Gruppenangebote.
Folgende Punkte stehen im Zentrum der Angebote:

  • Abklärung, ob andere Erkrankungen die Symptome verursachen
  • Erarbeiten von Selbstmanagement-Strategien im Umgang mit Atemnot, Schmerzen und Erschöpfung
  • Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit
  • Austausch zu Bewältigungsstrategien in der Gruppe

Informationen Post-Covid-Gruppen

Kantonsspital Olten (KSO)
Pneumologie
T 062 311 43 46, pneumologie.kso@spital.so.ch
Broschüre

Bürgerspital Solothurn (BSS)
Physiotherapie
T 032 627 41 41, physiotherapie.bss@spital.so.ch
Broschüre


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Kurt Leu, 68, liess sich vor einigen Monaten ein künstliches Hüftgelenk einsetzen und kann es manchmal immer noch nicht fassen, dass er so lange gewartet hatte.


Die vier Beleghebammen gehen nebeneinander her

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NEUES ANGEBOT AM KANTONSSPITAL OLTEN

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Werdenden Eltern steht am Kantonsspital Olten neu ein weiteres Geburtsmodell zur Verfügung: die Beleghebammengeburt mit den Beleghebammen Olten.

In der Frauenklinik am Kantonsspital Olten gestalten werdende Eltern die Geburt nach ihren Vorstellungen. Bei den Geburtsmodellen konnten sie sich bisher zwischen der klassischen Arzt-Hebammen-Geburt und der Hebammengeburt entscheiden. Bei ersterem wird die schwangere Frau während der gesamten Geburtsdauer von einer Hebamme betreut. Bei Bedarf kommt eine Ärztin hinzu. In der letzten Phase der Geburt sind beide, Hebamme und Ärztin, unterstützend da. Wenn die Schwangerschaft komplikationslos verlaufen ist und keine Risiken bestehen, kann sich das Eltern werdende Paar auch für die Hebammengeburt entscheiden. So findet die Geburt im intimen Rahmen ohne ärztliche Betreuung statt. Gleichzeitig bietet das Spital die Sicherheit, bei Bedarf einen Arzt hinzuziehen.

Beleghebammengeburt rundet das Angebot ab

Mit der Beleghebammengeburt steht ein weiteres Angebot zur Verfügung, welches sich grosser Nachfrage erfreut. Denn viele werdende Eltern wünschen sich eine vertraute Person, die sie bereits während der Schwangerschaft begleitet. Genau das erfüllen die selbständigen, mit dem Kantonsspital Olten kooperierenden Beleghebammen Olten. Sie begleiten die schwangere Frau von der Schwangerschaft bis zum Wochenbett. Beantworten Fragen, koordinieren Termine und fangen so die Ängste und Sorgen der werdenden Familie auf. Diese persönliche und kontinuierliche Betreuung schafft Vertrauen.

Hohe Betreuungsqualität gewährleistet

Jeweils eine der vier Frauen ist die Haupthebamme und Bezugsperson in der Schwangerschaft. Sie begleitet nach Möglichkeit die Familie auch nach der Geburt zu Hause im Wochenbett. Damit zu allen vier Beleghebammen eine Vertrauensbasis aufgebaut werden kann, finden die Schwangerschaftskontrollen abwechselnd statt. Den Bereitschaftsdienst teilen sie sich auf und bei längeren Geburtsverläufen lösen sie sich gegenseitig ab. Damit ist eine hohe Betreuungsqualität gewährleistet. Die Geburt findet immer im Spital statt, auf Wunsch mit oder ohne ärztliche Unterstützung. Bei plötzlichen Problemen oder auch bei einer Risikoschwangerschaft ist immer ein Facharzt zur Stelle.

Die vier Beleghebammen gehen nebeneinander her
v.l.n.r.: Evelyn Thomet, Anna Schulte, Stephanie Fiechter und Nina Husi

Eingespieltes Team mit viel Erfahrung

Anna Schulte, Evelyn Thomet, Nina Husi und Stephanie Fiechter bilden zusammen das Team von Beleghebammen Olten. Aus ihrer langjährigen Tätigkeit als Hebammen der Solothurner Spitäler AG bringen sie grosse Erfahrung mit. Sie sind mit den Betreuungs- und Behandlungsprozessen bestens vertraut und die Zusammenarbeit mit den angestellten Hebammen, Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegenden ist eingespielt. «Vom grossen gegenseitigen Vertrauen profitieren letztendlich die werdenden Mütter und Paare», betont Stephanie Fiechter. Wer sich für die Begleitung durch eine Beleghebamme Olten entscheidet, sagt auch ja zur Philosophie der vier Frauen: «Es ist wichtig, wie wir geboren werden. Uns ist wichtig, dass unsere werdenden Eltern in einem sicheren Umfeld mit einer vertrauten Person gebären können. Wir möchten den natürlichen Prozess von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett durch eine persönliche Betreuung unterstützen und die Eltern auf ihrem Familienweg begleiten.»

Weitere Informationen zum Thema

Beleghebammen Olten
Babygalerie der Solothurner Spitäler
Schwangerschaft & Geburt am Kantonsspital Olten

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Verlorene Momente holen

TAGEBUCH VON DER INTENSIVSTATION

Verlorene Momente holen

Intensivtagebücher sind für Patientinnen, Patienten und deren Angehörigen ein wertvolles Mittel, um die Zeit auf der Intensivstation zu verarbeiten. Denn der Aufenthalt kann posttraumatische Beschwerden verursachen.

Der Aufenthalt auf der Intensivstation ist für Patientinnen und Patienten so wie auch deren Angehörigen ein einschneidendes Erlebnis. Die Kombination aus einer schweren, oft lebensbedrohlichen Erkrankung und der Einsatz von Medikamenten, insbesondere Beruhigungsmitteln, führt bei vielen Patienten dazu, dass sie das räumliche und zeitliche Gefühl verlieren. «Stellen sie es sich so vor, als lebten sie tage- oder wochenlang in einem Schlaf-Wach-Zustand», schildert Tanja Wörle, Fachexpertin Pflege der Intensivstation auf dem Bürgerspi­tal Solothurn den Zustand, den Patienten auf der Intensivstation erleben. Das hinterlässt Gedächtnislücken und kann nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation zu Schlafproblemen, wiederkehrenden Albträumen oder Halluzinationen führen.

«Liebe Frau Meier»

«Bleibt ein Patient länger als drei Tage auf der Intensivstation, beginnen wir mit einem Intensivtagebuch», sagt Tanja Wörle. Zahlreiche Studien belegen, dass diese Tagebücher posttraumatische Belastungsstörungen lindern oder sogar verhindern können. «Gedächtnislücken belasten. Der Mensch will wissen, was mit ihm passiert», so Wörle. In einem Intensivtagebuch können Erinnerungen ergänzt, Lücken aufgefüllt und die verlorenen Momente besser verstanden werden. Ein Eintrag in einem Intensivtagebuch kann beispielsweise so aussehen: «Liebe Frau Meier. Sie liegen ruhig in Ihrem Bett im Zimmer der Intensivstation. Draussen ist es regnerisch und windig. Sie hatten heute einen guten Tag und nur sehr wenig geschwitzt. Das freut mich! Auch Ihre Werte sehen im Vergleich zu gestern schon besser aus. Ich habe mit Ihrer Familie gesprochen. Wir alle sind froh, dass es Ihnen besser geht.»

Der Traum mit der Schlange

Ein Eintrag ins Tagebuch beansprucht nicht viel Zeit und wird meist vom betreuenden Pflegepersonal oder den Angehörigen geschrieben. Tanja Wörle berichtet von einem Patienten, der im Traum immer wieder von einer roten Schlange angegriffen worden sei. Als er das Tagebuch gelesen habe, sah er, dass er regelmässig endoskopisch untersucht werden musste und man ihm einen Schlauch durch Mund und Rachen einführte. Das Endo­skop hatte ein rotes Licht und das rote Licht war die Schlange in seinem Traum. «Es war entlastend für ihn, dass er sich den Traum erklären konnte.»

Erinnerung ans Geräusch

Nicht alle Patienten wollen und können das Intensivtagebuch direkt nach ihrem Austritt lesen. Einige brauchen Zeit, um das Tagebuch Stück für Stück zu lesen und zu verarbeiten. Zusätzlich zum Intensivtagebuch bietet das Bürgerspital Solothurn beim Austritt eine Führung durch die Intensivstation an. So können die Patienten das Zimmer, das Bett und die Maschinen sehen. Oft erkennen sie Geräusche und können sie danach den Maschinen zuordnen. Auch das hilft, das Erlebte zu verstehen.

Was wird auf einer Intensivstation gemacht?

Die Intensivstation, oft auch bekannt unter der Abkürzung IPS (Intensivpflegestation), ist spezialisiert auf die Versorgung von schwerstkranken Menschen, die ständige Überwachung durch Geräte und Personal oder lebenserhaltende Massnahmen wie zum Beispiel künstliche Beatmung benötigen. Mögliche Gründe für einen Aufenthalt auf einer Intensivstation sind: akute Notfälle (Atemnot, Herzprobleme o. a.), schwere Unfälle, die ersten Stunden nach einer Operation oder Therapien, die schwere Komplikationen auslösen können.

Weiterführende Links zum Thema Intensivtagebuch


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Nach einem Hirnschlag kann es sein, dass man nicht mehr sprechen kann. Nicht weil die Zunge nicht mehr will, sondern weil die Worte weg sind. Und auch das Verständnis für die Worte. Der Weg zurück führt über die Logopädie.

«Stellen Sie sich vor, Sie liegen im Bett, haben körperliche Lähmungserscheinungen und können vielleicht klar denken, aber keinen dieser Gedanken in irgendeiner Weise zu Wort bringen», beschreibt Dr. med. Robert Bühler, Leiter Neurologie am Bürgerspital Solothurn, den Zustand von Schlaganfallpatienten. Die Therapie, so Robert Bühler, ist in den Möglichkeiten relativ begrenzt: «Man stellt mit Medikamenten die optimale Blutzirkulation wieder her und hofft, dass sich dadurch gewisse Hirnareale und -funktionen wieder erholen.» Und dann bleiben aber je nach Schwergrad der Hirnschädigung bei einem Drittel der Betroffenen auch bleibende Störungen zurück. So etwa der Verlust des Sprachvermögens, die sogenannte Aphasie.

Aphasie

Eine Aphasie bezeichnet eine schwere Sprachstörung, die in rund 80 Prozent der Fälle durch einen Schlaganfall oder durch eine andere Beeinträchtigung des Gehirns aufgrund eines Unfalls oder einer Tumorerkrankung entsteht. Bei einer Aphasie sind Sprachproduktion, Sprachverständnis, Lesen und Schreiben betroffen. Durch das Unver­mögen, Worte formulieren zu können, wird Aphasie oft mit Verwirrtheit oder einer ­geistigen Beeinträchtigung verwechselt. Als Zuhörerin oder Zuhörer ist es wichtig, dem Gegenüber Zeit zu geben, seine Worte zu for­mulieren und sich auf das Gespräch zu konzentrieren.

Schweisstreibende Angelegenheit

Untersuchungen zu Lebensqualität zeigen, dass der Sprachverlust zu den schwersten Einbussen im Alltag gehört. Deshalb ist die Sprachtherapie, welche durch Logopädinnen und Logopäden durchgeführt wird, die wichtigste und langfristig auch einzige Massnahme bei einer Aphasie. «Als Erstes gilt es jeweils herauszufinden, welche Bereiche des Sprachsystems betroffen sind und wie sich die Probleme auf die Kommunikation auswirken», sagt Mirjam Zwahlen Joder, leitende Logopädin des Bürgerspitals Solothurn. Das sei nicht immer ganz einfach, da Sprachproduktion und -verarbeitung äusserst komplexe Abläufe darstellen. Danach beginnt das Training. Hilfsmittel gibt es viele: Fotos, Karten, Zeichnungen, und gerade bei jüngeren Patienten lassen sich auch Handys und Tablets hervorragend einsetzen. «Die Therapie selbst ist wie Hochleistungssport. Man muss üben, trainieren, ausprobieren, Vorgehensweisen ändern und immer wieder neu versuchen», sagt Mirjam Zwahlen Joder. «Nach ein paar Wörtern sind die Patienten manchmal regelrecht schweissgebadet.»

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Wichtig sind Zielsetzungen

Wie lange eine Therapie dauert, hängt sehr stark vom Schweregrad einer Aphasie ab. «Zentral», so die Logopädin, sei, «dass man erreichbare Ziel in kleinen Zwischenschritten formuliert». Patienten müssten auch lernen, dass ihr Leben nicht mehr dasselbe sein wird wie zuvor aber es Wege gibt, damit umzugehen. Am Ende geht es um das Empowerment, darum, die Patienten selber befähigen können, ihr Ziel zu erreichen. «Und wenn wir es erreicht haben – und sei es auch nur die Formulierung einfacher kurzer Sätze oder Wörter – so feiern wir das immer zu Recht wie einen Weltmeistertitel!»

Was tun bei Hirnschlag?

Ein Hirnschlag (Stroke oder auch Schlaganfall) ist eine Durchblutungsstörung des Gehirns. Er äussert sich häufig durch eine plötzliche Lähmung, Gefühlsstörung oder Schwäche auf einer Körperseite, plötzlicher Blindheit, Doppelbilder, Sprachstörungen, Schwindel oder heftigen und plötzlichen Kopfschmerzen. Eine Behandlung bei einem Hirnschlag muss so rasch als möglich er­folgen. Bei Verdacht auf einen Hirnschlag sollten Sie deshalb unver­züglich den Notruf 144 alarmieren und die Behandlung in einem Stroke Center oder einer Stroke Unit vor­nehmen lassen. Das Kantonsspital Olten und Bürgerspital Solothurn verfügen über zerti­fizierte Stroke Units.


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